Früh morgens um Viertel vor Sechs laufen wir in der schon jetzt beachtlichen Hitze die 1,5km zum Busterminal in Riohacha. Von hier wollen wir einen durchgehenden Bus nach Cartagena nehmen, der tatsächlich halbwegs pünktlich auftaucht. Beim Einsteigen haben wir das Gefühl in einem Gefrierschrank gelandet zu sein. Die Busklimaanlagen hier kennen nur volle Kanne. Sobald die Sonne draußen richtig scheint, ergibt sich eine angenehme Temperatur, zu dieser Uhrzeit jedoch könnte man hier ohne Probleme Tiefkühlpizza lagern. Wir haben nur unsere Regenjacken dabei und frieren daher die gesamten 9 Stunden. Es ist uns ein Rätsel, wie einige Mitfahrende es schaffen, hier im T-Shirt zu sitzen. Als wir aussteigen, landen wir im krassen Gegensatz: Wir wussten zwar, dass es in Cartagena immer heiß ist, sind aber trotzdem überrascht. Zum Glück haben wir ein Hostel mit Pool gebucht, den wir nachmittags auch noch nutzen. Sonst geht heute nicht mehr viel, wir sind KO. Zusätzlich deutet sich bei Max eine Rückkehr seines gerade überstanden Schnupfens an: Danke Klimaanlage!
Unsere Stadtführung am nächsten Morgen brechen wir frühzeitig ab. Waren wir in Bogotá noch überzeugt von dem Touranbieter Beyond Colombia, ist uns die Tour hier viel zu viel Entertainment ohne Infos. Wir erkunden die wunderschöne, aber leider sehr von Gringos überfüllte, Altstadt lieber selbst, essen mittags im Park einen Snack und beobachten Leute. Kolumbianerinnen stehen auf Tauben, es ist immer wieder witzig und irgendwie ecklig zu sehen, wie sie mit Futter die Vögel anlocken und sich über und über beklettern lassen. Uns schüttelts, Ann isst tatsächlich erst später ihre Käsestange zu Ende.
Anschließend laufen wir zur Festung San Felipe, die über der Stadt thront. Doch bevor wir reinkommen treffen wir an der Kasse Mal wieder auf eine übereifrige, aber leider wenig erfolgreiche Englischschülerin. Die Kassieren gibt uns kein Ticket sondern sagt: „Your ticket only say your name at the end“. Wir sind verwirrt, wiederholen unsere Namen und bleiben stehen. Sie sagt den Satz noch zweimal und deutet hektisch nach links. Dort steht ihr Kollege und winkt uns heran. Er fragt „Name?“, wir sagen ihm unsere Namen, die er in seinem Tablet nachschlägt und abhakt. Danach lässt er uns in die Anlage. Ein großartiger Prozess, daher heißt Kolumbien wohl auch liebevoll Locombia (etwa: verrücktes Kolumbien). Die Festung liegt auf einem Hügel und so haben wir nach dem schweißtreibenden Aufstieg von den dicken Mauern der Wehranlagen eine tolle Aussicht über die Stadt und die Bucht. Man kann sich vorstellen, wie 1741 wenige Spanier die Stadt von hier gut gegen die vierfache Überzahl an Engländern verteidigen konnten. Allerdings gibt es wenig Schatten, das muss in voller Uniform unerträglich gewesen sein. Wir sind jedenfalls froh den Rest des Nachmittags am und im Pool verbringen zu können. Bei einem Bier resümieren wir, dass der englische Satz der Kassierin es in unsere Favoritenliste der seltsamen Übersetzungen geschafft hat. Die unangefochtene Numemr eins ist die Werbung der Bank BBVA, die uns bei jedem Geldabheben erheitert: „BBVA – more free time for what do you really like it.“ Was auch immer das heißen soll. Abends kochen wir uns noch Gemüsenudeln, das schont den Geldbeutel, denn Cartagena ist wirklich teuer. Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, um Fotos der leeren Straßen zu machen. So ziehen wir im ersten Licht des Tages durch die ganz anders wirkende Stadt, bewundern die koloniale Architektur und genießen die Ruhe. Wir beobachten die Straßenverkäufer, die ihre Karren rausholen, ihre Stände putzen und mit frischer Ware bestücken. Insgesamt eine tolle Stimmung, so gefällt uns die Stadt wesentlich besser als tagsüber.

Anschließend frühstücken wir und holen unsere Rucksäcke aus dem Hostel, weil es weiter nach San Onofre geht. Dafür fahren wir mit Indriver (das hiesige Äquivalent zu Uber) zum Terminal. Bei der Fahrt lernen wir, dass die App hier eigentlich auch illegal ist, es interessiert nur niemanden. Allerdings muss Max vorne sitzen, damit es nicht aussieht, als führen wir Taxi. Eine kreative Lösung! Von San Onofre aus fahren wir mit einem Tuktuk weitere 17 km an die Küste in den kleinen Fischerort Rincón del Mar. Hier werden wir über eine Woche verbringen, wissen dies zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. In den Ort verlieben wir uns auf jeden Fall direkt. In einer wunderschönen Bucht mit feinem Sandstrand liegen unzählige kleine Fischerboote in allen Farben. Die Häuser sind größtenteils direkt am langen Sandstrand gebaut, der Straßenbelag ist Sand, die Hauptbeschäftigung der Menschen ist der Austausch mit den Nachbarn an der Straße. Hier ticken die Uhren definitiv anders. Auch unser Hostel ist direkt am Strand gelegen und hat sogar einen kleinen eigenen Strandabschnitt, der durch einen Fluss vom Hauptstrand getrennt ist. Wir passen uns direkt ans hiesige Leben an und verbringen den übrigen Tag im Liegestuhl, beobachten abends den Sonnenuntergang und gönnen uns Fisch zum Abendessen (hier wird schließlich noch einigermaßen nachhaltig gefischt). Kurzerhand verlängern wir also unsere Buchung um 4 Nächte.
Wir wollen aber nicht nur rumhängen, baden und lesen, man kann hier auch zwei lohnenswerte Touren machen. Zum einen gibt es eine Bootstour zu den vorgelagerten Inseln San Bernardo. Hier kann man zwar auch schlafen, aber das ist uns zu teuer, eine Tagestour würde uns reichen. Zum anderen wird eine Mangroventour inklusive Faultier- und Vogelbeobachtung angeboten. Allerdings sieht es am zweiten Tag in Rincón den ganzen Tag nach Gewitter aus, weshalb wir doch nicht wirklich aus unseren Liegestühlen herauskommen. Und so lesen wir viel und beobachten die Fischer, wie sie zu zwölft ein langes Netz etwa 50m vor dem Strand zu Wasser lassen und anschließend einziehen. So eine Fangtechnik haben wir beide noch nicht gesehen und es scheint auch sehr anstrengend zu sein. Ansonsten stromern wir durch den Ort, um uns einige Vorräte zum Kochen zu kaufen, da die Restaurants hier doch eher teurer sind. Für den nächsten Tag buchen wir die Mangroventour. Allerdings macht uns das Wetter erneut einen Strich durch die Rechnung: Es gewittert die ganze Nacht heftig. Der Donner ist dank der dünnen Wände derartig laut in unserem Zimmer, dass wir mehrmals fast aus dem Bett fallen. Morgens schafft es die Sonne noch nicht durch die Wolken, es ist also feucht und kühl. Das sei kein gutes Wetter zum Tiere beobachten, sagt der Hostelmitarbeiter, und so verschieben wir die Tour auf den Nachmittag.

Unser Guide, Wilfredo, holt uns ab und führt uns zu seinem Boot, mit dem er uns durch die Mangroven stakt. Dabei erzählt er uns viel über die Vögel und die Pflanzen, aber auch von der Gruppe Dorfbewohner, die die Touren durchführt. Angefangen hat das ganze vor etwa 12 Jahren, als viele Menschen im Dorf krank wurden. Als Ursache wurde der durch den vielen Müll kontaminierte Fisch in den Mangroven erkannt und so gab es eine große Säuberungsaktion. Diese wurde von einigen Männern regelmäßig wiederholt, die außerdem anfingen, Touren anzubieten, um ihre Arbeit zu finanzieren. Leider ist die Regierung nicht bereit zur Unterstützung. Aber immerhin kann hier der Tourismus Mal helfen. Mit unserer Bezahlung der Tour konnten wir wenigstens einen kleinen Teil dazu beitragen, dass der Erhalt dieses Ökosystems ermöglicht wird. Ein weiterer Bestandteil der Arbeit der Gruppe ist die erfolgreiche Aufklärung der Dorfbewohner. Die Menge des Mülls, die regelmäßig aus dem Wasser gefischt wird, hat sich immerhin mehr als halbiert. Weiter so! Neben vielen Vögeln, verschiedenen Krabben und Muscheln sehen wir vier verschiedene Arten der Bäume, die in Küstengebieten wachsen. Nach etwa einer halben Stunde legt Wilfredo das Boot an und wir begeben uns auf eine etwa einstündige Wanderung. Hier sehen wir endlich Faultiere ganz nah. Besonders nah sehen wir ein Muttertier mit ihrem Baby, das ist ziemlich süß. Wie in Zeitlupe dreht die Mutter sogar den Kopf zu uns und scheint tatsächlich zu posieren. Die übrigen Faultiere verstecken sich weiter oben (wie wir das schon aus Peru kennen). Nach dieser erfolgreichen Tour gönnen wir uns ein Bierchen in einer Strandbar. Nebenan ist ein Volleyballnetz und einige Jungs aus dem Dorf fangen an zu spielen. Begeistert fragt Max natürlich, ob er mitspielen kann und verpasst so zwar den Sonnenuntergang aber hatte immerhin viel Spaß.

Unser für den nächsten Tag geplanter Ausflug zu den Inseln fällt leider ins Wasser. Nachts wird Ann plötzlich krank und bekommt Gliederschmerzen und sogar Fieber. Also fahren wir stattdessen in den nächstgrößeren Ort San Onofre und organisieren einen Malariatest. Das Krankenhaus wirkt wie ein ausgemustertes Schlachthaus. Überall hängen Spinnweben und auch sonst wirkt es nicht übermäßig gepflegt. Aber für ein Arztgespräch reicht es. Der Arzt schickt uns in ein privates Labor für die Blutuntersuchung und gibt uns seine Handynummer, damit wir ihm die Ergebnisse per WhatsApp schicken können (in Südamerika wird alles mit WhatsApp gemacht!). Das Labor sieht ein wenig besser aus, das erweist sich aber als Trugschluss. Nachdem die Chefin höchstpersönlich Ann im Eingangsbereich das Blut abgenommen hat mit einer Aufziehspritze, möchte sie es noch auf dem Weg in den eigentlichen Laborraum in ein Reagenzglas spritzen. Dabei fällt ihr leider das Glas runter und das Blut verteilt sich auf dem Boden. Aber nicht so wild, es ist noch genug Blut da und auch ein zweites Reagenzglas findet sich. Später wird dann in aller Ruhe das Blut und Glas aufgewischt. Aber immerhin bekommen wir nach 10 Minuten das Ergebnis, kein Malaria. Es könnte allerdings Dengue Fieber sein. Auch der Arzt bestätigt diese Diagnose später per WhatsApp. Damit Ann sich also vernünftig erholen kann, verlängern wir nochmals in unserem Hostel. Ann verbringt die nächsten Tage dann mit Auskurieren und Max überwiegend am Strand. Zwischendurch geht er natürlich auch einkaufen und wir kochen zusammen. Es ist mittlerweile Wochenende, fällt Max beim Einkaufen an der ausgelassenen Stimmung auf. Schon mittags sitzen alle Dorfbewohner vor ihren Häusern und trinken Bier. Auch die Tiere sind außer Rand und Band, auf der Straße liefern sich ein Schwein und eine Rotte Hunde eine wilde Verfolgungsjagd. Das Schwein gewinnt. Außerdem unternimmt Max einen Strandspaziergang ans Ende der Bucht gemeinsam mit einem Schweizer Pärchen. Den Sonnenuntergang an unserem letzten Abend genießen wir dann nochmal so richtig und ein letztes Bad im Sonnenuntergangslicht im angenehm warmen Meer darf natürlich auch nicht fehlen. Und so endet unsere entspannte Zeit an der Karibikküste. Am nächsten Tag ist Ann wieder soweit erholt, dass es wieder auf die Straße gen Süden gehen kann. Nächstes Ziel: Medellin!