An diesem ersten Tag der Tour fahren wir sieben Stunden lang zunächst immer höher bis auf knapp 4.900m und später entlang einer sich auf und abwindenden Schotterstraße durch abwechslungsreiche Berglandschaft. Hin und wieder stoppen wir für Fotos der Landschaft, aber auch wenn wir Sträuße oder Lamas sehen. Letztere haben meistens die bunten Bänder am Hals und an den Ohren, die der Identifizierung dienen. Für uns hat das auch etwas ziemlich schmückendes. Unsere Fahrer haben es heute eilig, denn es ist ein langer Weg heute und für sie ist der Arbeitstag noch nicht vorbei, wenn sie uns abgesetzt haben. Sie müssen noch weiter nach Chile und dort in San Pedro de Atacama zwei weitere Gäste abholen. Irgendwann während der Fahrt beginnt aich der Himmel langsam zu färben und die Sonne neigt sich dem Horizont entgegen. Das ist ein wahres Spektakel, wie die Berge um uns herum in den tollsten Farben zu leuchten scheinen. Kurz bevor es dunkel wird und zum Höhepunkt der Farbshow halten wir an einem ehemaligen, verlassenen Goldgräberstädtchen. Heute sind von den ehemaligen Häusern nur noch Ruinen übrig, trotzdem ist es ein interessanter Ort, der jetzt im letzten Licht des Tages rot zu leuchten scheint. Die letzte Stunde legen wir in völliger Finsternis zurück, gibt es hier doch keinerlei Siedlung. Nur die Dachscheinwerfer des Landcruiser zerschneiden die tiefe Nacht und Schrecken hin und wieder einige Lamas auf. Wir können während der Fahrt so schon perfekt den beeindruckend klaren Sternenhimmel beobachten. Um neun kommen wir endlich in der Unterkunft auf 4200m an. Die Höhe haben wir heute gut vertragen, obwohl wir vor kurzem noch in Buenos Aires auf Meeresniveau waren und unsere Akklimatisierung eher kurz war. Zugegebenermaßen haben wir aber auch den ganzen Tag fleißig Cocablätter gekaut, das hilft wirklich gut gegen die Symptome der Höhenkrankheit. Nachdem wir unser Zimmer bezogen haben, bekommen wir noch etwas zu Essen. Die beiden anderen, mit denen wir uns ab morgen ein Auto teilen werden, sind schon im Bett, also machen wir nach dem Essen nur noch schnell ein paar Bilder des fantastischen Sternenhimmels, bevor es auch für uns ins Bett geht.

Beim Frühstück lernen wir unsere Gruppe kennen, einigen geht es allerdings aufgrund der Höhe ziemlich schlecht. Das Frühstück fällt so eher schweigsam aus. Nach dem Frühstück fahren wir entlang der, unter Panamericanafans, berühmten Lagunenroute zu verschiedenen farbigen Lagunen und zur Desierto de Dalí, einer kleinen Wüste mit interessanten Gesteinsformationen. Die Gesteinformationen vulkanischen Ursprungs, die verteilt in dieser Wüste herumstehen sehen einem Bild Dalís sehr ähnlich, obwohl er niemals dort war. Daher wurde der originale Name in Quechua ersetzt durch den spanischen Namen Dalí-Wüste. Für uns ist es nur ein kurzer Fotostopp, aber immerhin ohne andere Touristen. Edgar, unser Guide und Fahrer, ist immer bemüht unsere Stopps so zu timen, dass wir die Orte mit möglichst wenigen der anderen zahllosen Geländewagen und deren Insassen teilen müssen. So auch an der Laguna Hedionda, die wir nur mit den zwei anderen Landcruisern unseres Touranbieters teilen. Im gemütlichen Tempo können wir sie halb zu Fuß umrunden und kommen dabei zahllosen Flamingos sehr nah. Sie ernähren sich von den kleinen Krustentieren und Algen, die in dieser Lagune beheimatet sind. Wir versuchen die drei verschiedenen Arten, die hier leben, zu identifizieren, geben aber schnell auf. Ornithologen werden wir wohl nicht mehr. Anschließend geht es zur Laguna Verde und dem erhabenen Volcán Licancabur mit seinen schneebedeckten Flanken im Hintergrund. Das türkise Wasser und der Vulkan sind ein prächtiger Anblick in dieser kargen Landschaft. Die Laguna ist allerdings giftig, da sie hochgiftiges Arsen enthält. Nur die Lamas und Vicuñas, die hier frei herum streifen, können hier wohl gut überleben. Als wir den Vulkan bestaunen, macht uns unser Fahrer Edgar auf etwas hinter uns aufmerksam. Neugierig drehen wir uns um und staunen nicht schlecht. Etwa 15 m hinter uns schleicht ein Fuchs herum, der uns misstrauisch beäugt. Wir freuen uns darüber natürlich und knipsen jede Menge Fotos. Später beschleicht uns jedoch der Verdacht, dass das Tier angefüttert ist. So ist das leider an touristischen Orten, hier steht das Entertainment doch oft im Vordergrund.

Zum Mittagessen stoppen wir in einem einem kleinen Häuschen mit Tischen und Stühlen der Tourveranstalter, wo wir das mitgebrachte Essen verputzen. Porfi, die Köchin, hat hervorragend gekocht und eine riesige Menge, die wir nicht komplett schaffen. So sieht es zumindest für uns aus und wir sind froh über unsere Entscheidung, beim Reisen nicht auf vegetarische Ernährung zu achten. Unsere Mitfahrer im Landcruiser, Nacho und Marit, haben sich vegetarische Kost gewünscht und bekommen nur Kartoffeln und Ei, während wir noch jeweils mehrere Stücke Fleisch mit einer Paprikasoße bekommen. Als wir alle mehr oder weniger satt sind, ziehen wir unsere mitgebrachten Schwimmsachen an und springen in die nebenan liegenden heißen Quellen. Mit fantastischen Ausblick auf die teils schneebedeckten Berge und zwei pittoresk im Vordergrund staksende Flamingos sitzen wir im 38 Grad warmen Wasser. Es ist ein so perfekter Moment, dass wir am liebsten gar nicht mehr hier weg wollen. Auch Edgar drängt uns nicht zum Aufbruch, sondern liegt selber entspannt im Wasser. Nach etwa einer Stunde sind wir aber doch aufgeweicht und auch die starke Sonne lässt es ratsam erscheinen, wieder aufzubrechen. Also geht es zum nächsten Stopp, einem Geysirfeld auf 5.000m. Dieses ist leider nicht so spektakulär wie das Nahe gelegene El Tatio Geysirfeld in Chile. Das behalten wir aber für uns, Chile ist hier in Bolivien aufgrund der konfliktreichen Vergangenheit nicht so gut gelitten. Nach einer weiteren Stunde Fahrt über Schotterpisten kommen wir an unserer zweiten Unterkunft für diese Tour an. Sie liegt auf rund 4500m und wir sind gespannt, wie die Nacht wird. Doch zunächst gibt es Tee, Kaffee und Plätzchen und eine kurze Pause. Danach fahren wir zur nahen Laguna Colorada, die durch Eisenoxide knallrot leuchtet. Außerdem ist sie von über 10.000 Flamingos bevölkert, die als rosa Flecken schon aus der Distanz sichtbar sind. Ein toller Anblick, den wir während eines Spaziergangs auf einer Anhöhe genießen können. Nach der Hälfte steigen wir ab und gehen neben der Lagune und nur wenige Meter von den Flamingos entfernt wieder zum Auto. Nach dem Abendessen geht Max noch mit einigen anderen in einer kleinen Bar Rundlauf spielen. Ann geht’s heute Abend nicht ganz so gut, später ist ihr schlecht und sie übergibt sich sogar. Aber auch Max hat eine furchtbare Nacht und schläft kaum. Die Höhe macht sich bei uns beiden also nun doch bemerkbar. Da der Schlaf ohnehin nicht kommen will, entscheidet Max sich um zwei Uhr, raus zu gehen und Fotos des Nachthimmels zu machen. Der Mond ist schon untergegangen und alle Lichter des kleinen Ortes sind aus. Weit und breit gibt’s nur Dunkelheit. Und den Sternenhimmel, der zum Greifen nah zu sein scheint. Die Milchstraße schimmert sogar in verschiedenen Farben, sowas hat er noch nicht gesehen. Auch Ann wird später um drei kurz aus der Tür schauen, um frische Luft zu schnappen und ist genauso überwältigt.

Beim Frühstück am nächsten Morgen erfahren wir, dass alle eine ähnlich schlechte Nacht hatten, wie wir. Die Geschichten, wer am meisten gelitten hat, überbieten sich gerade zu. Am dritten Tag der Tour geht’s morgens dann nochmal zu einem anderen Aussichtspunkt der Laguna Colorada. Wir staunen nicht schlecht. Im Morgenlicht ist von der roten Farbe nichts zu sehen, statt dessen wirkt die Laguna wie ein riesiger Spiegel. Auch so gefällt uns die Laguna sehr gut und gilt wohl zurecht als eines der Highlights dieser Touren.

Danach fahren wir vorbei an weiteren Lagunen und halten am Arbol de piedra, einer Gesteinsformation, die an einen Baum erinnert. Es ist ein willkommener Stopp, aber nicht wirklich fantastisch. Weiter geht es also nach kurzer Zeit zur Laguna Negra. Ihr Wasser wirkt tiefschwarz, ist aber tatsächlich Glasklar. Nur der Boden ist aufgrund des vulkanischen Ursprungs schwarz. Etwas oberhalb der Lagune machen wir an einem herrlichen Fleckchen zwischen Felsen Mittagspause und beobachten die vorbei ziehenden Lamas. Grandios!

Anschließend fahren wir nach Villa Candelaria am südlichen Ende des berühmten Salzsees Salar de Uyuni. Hier beziehen wir unser Salzhotel, dessen innere Wände und Möbel aus Salzblöcken bestehen. Später lernen wir von unserem Guide, dass Bolivien mangels Nachfrage kein Salz exportiert. Also bleibt das ganze Salz des Sees, das stellenweise 120m dick ist, hier im Land und man kann so verrückte Dinge damit machen. Nach einer Teepause geht’s zum Sonnenuntergang auf den Salar. Wir sind etwas enttäuscht, hatten wir es uns doch anders vorgestellt. Die eine Seite ist komplett mit Wasser überschwemmt und sieht aus wie ein normaler See. Die andere Seite ist so weit das Auge reicht einfach nur weiß. Wir hatten uns allerdings erhofft, eine dünne Wasserschicht darauf vorzufinden, die als riesiger Spiegel fungiert hätte. So ist der Sonnenuntergang zwar wunderschön, aber nicht so unglaublich einzigartig wie erhofft. Ein schöner Abschluss für den Tag ist jedoch der Apéro in Form von Chips und einer Art bolivianischen Sekts, der im Kofferraum auf uns wartet. James, einer unserer Mitfahrer, ist perfekt vorbereitet und hat außerdem noch eine Flasche Wein zum Teilen mitgebracht.
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf. Sehr früh. Wir müssten zwar erst um halb fünf aus den Federn, um auf den Salzsee zu fahren und von dort den Sonnenaufgang zu sehen, stehen aber schon um Viertel vor Vier auf. Zusammen mit Marit und Nacho treffen wir uns dick eingepackt vor dem Salzhotel und gehen einige Meter von den Straßenlaternen des Ortes weg. Hier genießen wir ein letztes Mal den grandiosen Sternenhimmel. Nicht nur fehlt jegliche Lichtverschmutzung, sondern auch sind durch unsere Höhe wesentlich weniger Partikel in der Luft als auf niedrigeren Höhen. Dadurch ist der Himmel um ein Vielfaches klarer. Heute wird die Dramatik des Himmel noch unterstützt von Wetterleuchten in den Fernen Bergen, die dadurch alle paar Minuten zu explodieren scheinen. Nach einer halben Stunde kehren wir wieder zurück, helfen unseren Landcruiser zu beladen und ab geht’s auf den Salar. Als wir anhalten staunen wir nicht schlecht. Wo gestern Abend nur endloses weiß war liegt jetzt im ersten zaghaften Licht des Tages ein riesiger Spiegel vor uns. Jetzt in der blauen Stunde unmittelbar vor Sonnenaufgang spiegeln sich die Sterne und das erste Licht und das sorgt für eine wahnsinnig tolle Stimmung. Langsam wird es heller, die Sterne verschwinden nach und nach und die Sonne lässt sich am fernen Horizont blicken. Doch nicht nur das ist ein Spektakel: Auf der anderen Seite spiegelt sich jetzt ein Vulkan im Wasser, der in Laufdistanz zu liegen scheint, aber Eddy erklärt, es sei eine Distanz von 250 km. So bekommt man die schiere Größe von knapp 11000 Quadratkilometern wenigstens einigermaßen zu fassen. Wir sind uns einig, dass dies einer der schönsten Sonnenaufgänge unseres Lebens ist.

Als es hell ist, fahren wir zur Kakteeninsel Incahuasi. Mitten in der unwirtlichen Salzwüste liegt dieser Felsblock vulkanischen Ursprungs und sieht tatsächlich aus wie eine Insel. Es gibt sogar einen Strand und die Strukturen des Salzes wirken fast wie erstarrte Wellen. Vom Gipfel aus haben wir eine tolle Aussicht auf den Salzsee und nicht nur das. Wir bewundern auch die über 8000 Kakteen, die hier teilweise 12m in den Himmel ragen. Am Fuß der Insel setzen wir uns auf Salzblöcke und frühstücken auf einem Salztisch leckeren Kuchen und endlich gibts auch einen Kaffee. Anschließend geht’s wieder los, bis wir an einer Stelle halten, an der niemanden sonst sehen und auch der Horizont mit dem Himmel verschwindet. In dieser Unendlichkeit kann man lustige Fotos schießen, die die Perspektive verzerren. So kann Max sich zum Beispiel an Anns Haare hängen. Eddy entpuppt sich hier auch noch als Fotograf, der auf dem Boden liegend den richtigen Winkel sucht, um die Illusion perfekt zu machen. Danach stoppen wir noch kurz in einem kleinen Salzmuseum und einem Denkmal der Dakarrallye, die hier vor einigen Jahren stattfand. Anschließend geht es wieder heraus aus der Wüste und zum Mittagessen. Zum Abschluss wartet, leider zeitlich ein wenig knapp, noch eine Besonderheit auf uns. Ganz Nahe von Uyuni, einem eher hässlichen Touristenstädtchen, liegt ein Zugfriedhof. Hier rosten riesige alte Dampfloks vor sich hin, die einst zum Transport von Edelmetallen aus den Minen des Altiplano zur Küste nach Chile genutzt wurden. Die Heizkessel sind teils offen und so sieht man wunderbar, wie die Wärmetauscher funktionierten, schwärmt Max vor sich hin. Andere Leute klettern lieber auf die Züge, um Selfies zu machen. Nach nur zwanzig Minuten geht’s zum Busbahnhof, wo wir mit Marit und Nacho einen Bus zu unserem nächsten Stopp besteigen: Potosí, dem Ursprung des kolonialen Bergbaus in Südamerika und noch heute eine aktive Mine.
