In Montevideo holen wir vormittags unseren Mietwagen ab. Wir fahren in die berühmteste Küstenstadt Uruguas – Punta del Este. Zunächst halten wir jedoch im kleinen Örtchen Empalme Olmos und das entpuppt sich als ein echter Glücksfund: ein ehemaliger Rangierbahnhof ist offen zugänglich und wirkt als hätte man hier beim Verlassen alles stehen und liegen gelassen. Vor den auf den Gleisen abgestellten alten Zugwaggons treffen wir einen freundlichen älteren Mann, der hier in einer kleinen Community in den zu Wohnungen umgebauten Waggons lebt. Er gibt uns das OK, uns umfangreich umzusehen und so erkunden wir die alten Anlagen und Züge. Anschließend fahren wir an der Küste entlang weiter zum Aguila de Atlántida, einem gemauerter Adlerkopf-Denkmal, das hoch über dem Strand von Atlántida thront. Unser erster uruguayischer Strand begrüßt uns menschenleer, mit weißem Sand und dahinter erstrecken sich Dünen mit Felsen. Wir essen in einem kleinen Strandrestaurant mit Blick über die Bucht zu Mittag.

Die Nacht verbringen wir in Punta del Este. Die Stadt ist im Januar Sommerdomizil für tausende Uruguayos und reichere Argentinier. Da sich der Großteil der Menschen aus Montevideo im Sommer eben hierher begibt, rechnen wir mit dem Schlimmsten. Hochhäuser und Hotelburgen um alle unterzubringen gibt es auch wirklich genug. Dennoch hat Punta del Este auch schöne Ecken, an denen riesige Anwesen und schicke Einfamilienhäuser stehen. Unser Hotel befindet sich glücklicherweise auch in dem schönen und ruhigeren Teil der Stadt. Und so genießen wir den späten Nachmittag am Pool des großen Anwesens. Zum Sonnenuntergang fahren wir dann noch zum Mirador Ballenas, etwas außerhalb der Stadt. Der Mirador befindet sich auf einer Klippe und so haben wir von der einen Seite einen Blick auf Punta del Este im Sonnenuntergangslicht und auf der anderen Seite die über dem Meer untergehende Sonne. Dieser Sonnenuntergang ist der erste von vielen wunderschönen Sonnenuntergängen in Uruguay, die noch folgen werden.
Nach einem entspannten Frühstück im Garten des Hotels fahren wir einmal quer durch die Stadt, um die Umgebung noch etwas zu erkunden. Da der Kern von Punta del Este überwiegend aus Hochhäusern besteht, cruisen wir in unserem SUV entlang der Strandpromenade. Und wir sind nicht die einzigen – Sightseeing aus dem Auto ist nicht nur ein Phänomen aus den USA, stellen wir fest. Bei unserer Spazierfahrt sehen wir nochmal deutlich die Unterschiede zwischen den ruhigen, von Alleen gesäumten, teureren Vierteln und dem Zentrum mit seinen Hochhäusern und nicht mehr ganz taufrischen Hotelkomplexen. Sogar an den Stränden sieht man den Unterschied. Der Strand im Zentrum ist schon morgens voll, während die breiten und langen Sandstrände auf der anderen Stadtseite deutlich leerer sind. Dort gibt es allerdings auch weniger kulinarische und touristische Infrastruktur – je näher man an das Zentrum kommt, desto größer werden die Strandbuden und Pavillons. Bei unserer Fahrt durch Punta del Este kommen wir außerdem am südlichsten Punkt Uruguays vorbei.
Anschließend geht es entlang der Küste weiter Richtung Brasilien. Wir sind nach dem kurzen Einblick in Punta del Este doch ganz froh, unseren Strandurlaub in Uruguay im kleinen und beschaulichen Punta del Diablo zu verbringen. In Faro Jose Ignacio legen wir noch einen kurzen Zwischenstopp ein und schauen uns den Leuchtturm an. Spontan entscheiden wir uns noch für einen Abstecher über eine Sandpiste zur Laguna de Rocha. Zum Glück haben wir ja einen SUV, meint Ann, ein Satz der uns in Uruguay noch häufiger begleiten wird. Auf der Sandpiste lohnt sich unser SUV aber tatsächlich, mit unseren bisherigen Mietautos hätten wir hier langsamer fahren müssen. Die Laguna de Rocha ist eine Lagunenlandschaft inmitten von Dünen und bietet unzähligen Vögeln ein Zuhause. Unsere Aufmerksamkeit erregen vor allem Reiher, die wie Flamingos im flachen Wasser stehen. Wir fahren weiter in Richtung Punta del Diablo, das Mittagessen nehmen wir heute in Form eines Picknicks am Straßenrand ein. Eigentlich sollte an der Stelle eine weitere Lagune sein, die scheint allerdings ausgetrocknet.
Nachmittags kommen wir schließlich in Punta del Diablo an. Unser Ferienhaus ist ein Traum, nur 150 Meter vom Strand und am Rand der Dünen gelegen. In den oberen zwei Etagen des Holzhauses ist ein großes Wohnzimmer mit Küche und Essbereich, ein Badezimmer und ein Schlafzimmer. An das Schlafzimmer grenzt eine Terrasse mit Blick auf das Meer in Sonnenaufgangsrichtung. In der untersten Etage ist ein weiteres Schlafzimmer mit Bad und einer kleinen Küche, hier schlafen wir und Anns Eltern oben. Das Herz des Hauses ist eindeutig das Wohnzimmer mit zwei großen Fensterfronten mit Blick auf das Meer. Gekrönt wird das ganze durch zwei Hängematten vor den Fenstern.

Nachdem wir unser Gepäck in die Zimmer gebracht haben, laufen wir hinunter zum Strand und springen in den überraschend angenehm temperierten Atlantik. Unser „Hausstrand“ ist schön breit und nur wenige Leute außer uns sind da. Der Strand zieht sich mehrere Kilometer bis zur Hafenpromenade von Punta del Diablo in die eine Richtung und zum Leuchtturm in die andere Richtung. Rundum glücklich, dass wir hier ganze sechs Nächte hier bleiben werden, machen wir uns nochmal auf den Weg in den Ortskern zum Einkaufen. Punta del Diablo hat ca. 800 ständige Einwohner. Ansonsten besteht der Ort mehrheitlich aus Ferienunterkünften in Form kleiner Cabañas und entsprechend übersichtlich ist der Ort. Punta del Diablo hat noch den Charme eines kleinen Surferortes, entspannt und mit nur einem Straßenzug, wo Bars, Restaurants und Stände mit Strandsouvenirs zu finden sind.
Da das Wetter für die nächsten zwei Tage nicht so gut angesagt ist, fahren wir am ersten Morgen in Punta del Diablo nach Cabo de Polonio. Das „Hippiedorf“ liegt etwa eine Stunde entfernt, inmitten des Nationalparks Cabo Polonio. Die Zufahrt nach Cabo Polonio ist nur durch Sanddünen mit Offroadtrucks des Nationalparks möglich. Hier reicht unser SUV dann doch nicht aus, also kaufen wir Tickets für den Offroadtruck und sind bei der nächsten Abfahrt dabei. Bis dahin schauen wir uns das kleine Museum im Besucherzentrum an. Die Fahrt mit dem Truck dauert nur knapp 20 Minuten und schon stehen wir am Ortseingang des Dorfes. Wir suchen uns zunächst etwas zu essen und sind ein wenig enttäuscht, wie seelenlos der Ort ist. Nach den Beschreibungen hatten wir etwas anderes, ursprünglicheres erwartet. Bis vor wenigen Jahren gab es hier noch kein Internet und keine Anbindung an das Stromnetz. Mit der Anbindung kam scheinbar auch die Kommerzialisierung – für ein kleines Stück Fisch und eine handvoll fettiger Kartoffeln, zahlen wir einen unverschämt hohen Preis. Und auch die Bewertungen in anderen Restaurants sind nicht besser, bei ebenso hohen Preisen. Visakartenzahlung an jeder Ecke und Souvenirs aus Massenfertigung in China passen einfach nicht zu unseren Erwartungen an ein entspanntes, abgelegenes Hippiedorf. Nach dem Mittagessen lassen wir den Ort hinter uns und spazieren zu einer Seelöwenkolonie und zum Leuchtturm. Die Wellen schlagen hier hoch auf die Felsen und die Seelöwen spielen in ihnen oder liegen träge auf dem Rand der Felsen herum. Anschließend geht es mit dem Truck zurück zum Eingang des Nationalparks und dann mit unserem Auto zurück nach Punta del Diablo.

Der nächste Tag beginnt stürmisch. Der Regen wird immer stärker und es dauert nicht lange, bis der Regen durch die Fenster in unser Ferienhaus kommt. Der heftige Wind peitscht den Regen immer stärker gegen die Fenster und nach einer Weile kommt das Wasser auch durch die Decke des Wohnzimmers. Uns bleibt nichts anderes übrig, als Töpfe unter den tropfenden Stellen aufzustellen und im trockenen Bereich am Esstisch Skat und Monopoly zu spielen, bis der Regen aufhört. Immer wieder müssen wir die Gefäße ausleeren. Nachmittags hört es dann auf zu regnen und die Sonne kommt wieder zum Vorschein, als wäre nichts gewesen.
Also fahren wir zur nahe gelegenen Fortaleza Santa Teresa und anschließend in den benachbarten Nationalpark Santa Teresa. Hier unternehmen wir einen Strandspaziergang entlang des langen und menschenleeren Sandstrandes. Hierbei beobachten wir immer wieder über dem Strand kreisende Geier und die stürmischen Wellen, des immer noch aufgewühlten Ozeans. Der Nationalpark hat noch weitere schöne Strände, zu denen wir mit unserem Auto fahren. Außer den schönen Stränden gibt es in dem Nationalpark allerdings vor allem viele Campingplätze und einige Cabañas. Laut Beschreibung soll es hier Kapazität für 10.000 Schlafplätze geben Wie das zum Konzept eines Nationalparks passt, erschließt sich uns nicht so ganz.
Der nächste Tag ist trocken und sonnig, allerdings peitscht heute ein heftiger Wind die Wolken und den Sand nur so vor sich her. Ein Strandtag wird es also wieder nicht und so unternehmen wir zwei Strandspaziergänge. Erst in die eine Richtung bis zum Leuchtturm und nachmittags in die andere Richtung zum Ort. Das Laufen gegen den Wind, durch die Brandung und den Sand macht Spaß, sorgt am nächsten Tag aber auch für Muskelkater. Am nächsten Tag ist es dann endlich soweit und die Bedingungen sind perfekt für einen Strandtag. Morgens auf dem Weg durch die Dünen zum Strand sehen wir eine kleine Eule. Wir dachten eigentlich, dass diese nachtaktiv sind, aber dieses Exemplar sitzt fröhlich in der Morgensonne. Wir haben Strandstühle aus dem Ferienhaus im Schlepptau und verbringen den ganzen Tag am Strand. Nur mittags zum Mittagessen und für eine kleine Siesta während der prallen Mittagssonne kehren wir kurz in unser Ferienhaus zurück.
Abends fahren wir zur Laguna Negra. Diese liegt nur 20 Minuten entfernt und soll einer der besten Sonnenuntergangsorte in Uruguay sein. Wir werden tatsächlich nicht enttäuscht – der Sonnenuntergang ist atemberaubend und die Kulisse wirklich schön. Frösche und Grillen sorgen dazu für idyllische Hintergrundgeräusche. Als wir zurückfahren, begleitet uns der Himmel in Zuckerwatterosatönen und bei der Ankunft an unserem Ferienhaus begrüßt uns ein fast perfekter und rot leuchtender Vollmond. Auch der nächste Tag wird wieder ein perfekter Strandtag. Heute schwimmt sogar ein Seelöwe vor unserem Strand vorbei. Zum Sonnenuntergang fahren wir abends nochmal zur Laguna Negra. Auch heute erleben wir wieder einen traumhaften Sonnenuntergang. Danach gehen wir in einem Restaurant an der Strandpromenade essen. Bisher hatten wir abends selbst im Ferienhaus gekocht, aber am letzten Abend in Punta del Diablo genießen wir das Essengehen.

Dank unseres kleinen Wasserschadens während des Regens dürfen wir am Tag unseres Checkouts das Ferienhaus noch so lange nutzen, wie wir möchten. Das kommt uns sehr gelegen, denn es ist ein weiterer Zehnpunktetag und wir wollen den Strand nochmal richtig auskosten. So bleiben wir bis mittags am Strand und duschen vor der Abfahrt nochmal den Sand ab. Nach den letzten perfekten Sonnentagen, reicht es jetzt auch erstmal mit Sonnenbaden. Unsere vierstündige Fahrt führt uns durch das Hinterland Richtung Nordwesten zur Estancia Los Platanos, „mitten im Nirgendwo“. Unterwegs über staubige Schotterstraßen und entlang endloser Weiden passieren wir immer wieder riesige Getreidesilos. So große Silos haben wir noch nie gesehen und auch die friedlich auf den überdimensionierten Weiden grasenden Rinder sind ein spannender Anblick für uns. Ob wir uns langweilen wollen, hatte uns ein deutscher Auswanderer gefragt, als wir von unserer Reiseroute quer durchs Hinterland sprachen. Die Frage hat uns kurz skeptisch werden lassen, doch schon nach kurzer Zeit sind wir uns sicher, dass dieser Teil genauso sehenswert ist und ebenso zu Uruguay gehört, wie die Badeorte an der Küste. Doch die Nichtberücksichtigung des Hinterlandes ist weit verbreitet. Bereits in der Vergangenheit Uruguays kam es zu einer Revolution der Landbevölkerung, da sie von der Regierung in Montevideo unterdrückt wurde und auch heute, so erfahren wir, fühlt sich die Landbevölkerung benachteiligt. Die Regierung in Montevideo mache die Politik nur für die zwei Millionen Bewohner der Metropolregion Montevideos und vergesse dabei die Bedürfnisse der übrigen, verstreut lebenden Landbewohner, erzählt unser Gastgeber.
Kurz bevor wir an unserem Tagesziel ankommen, läuft ein Fuchs vor uns über die Straße und liefert sich ein Wettrennen mit uns, indem er neben uns an der Straße entlang rennt. Hier scheinen sich Fuchs und Hase also wortwörtlich noch gute Nacht zu sagen. Tatsächlich ist unsere gebuchte Estancia bilderbuchwürdig und idyllisch gelegen, mit Sicht über die umliegenden Weiden. Begrüßt werden wir super herzlich durch die Besitzer Andrés und Marina. Zur Estancia gehören neben mehreren hundert Hektar Land standesgemäß Pferde, Rinder, fünf Hunde und mehrere Katzen. Ann sieht sich schon über die Weiden galoppieren, aber da eine der Stuten gerade erst Mutter eines Fohlens geworden ist und ein anderes Reitpferd ebenfalls ausfällt, muss unser Ausritt noch weiter warten.
Untergebracht werden wir in einer wunderschönen Suite mit zwei Schlafzimmern im alten, aber renovierten Bauernhaus. Marina kocht abends und so können wir einfach die Ruhe auf der Estancia genießen. Unterbrochen werden wir dabei nur immer wieder von Hunden, die sich ein paar Streicheleinheiten abholen kommen. Nach dem Abendessen gehen wir wieder hinaus, um Sterne zu gucken. Hier draußen soweit abseits von Städten gibt es keine Lichtverschmutzung und die Milchstraße ist klar sichtbar. Ann schaut sich immer wieder in der Dunkelheit um, denn Andrés hatte uns gewarnt, dass abends viele Füchse auf der Estancia herumschleichen. Aber außer den Katzen treffen wir keinen weiteren Störenfried an. Wir machen einige Fotos vom Sternenhimmel, bevor der Vollmond als roter Ball hinter dem Schuppen aufgeht. Was für einen wunderschönen Fleck Erde Anns Vater hier zum Übernachten gefunden hat!

Den nächsten Tag genießen wir auf der Estancia und im Pool mit Blick über die Ländereien. Bei 37 Grad und praller Sonne verbringen wir viel Zeit im Schatten unter den riesigen und steinalten Ombú-Bäumen. Mittags fahren wir in das nächstgelegene kleine Dorf namens Cerro Chato. Ein Friseur, ein kleiner Imbiss und ein, zwei Lädchen – mehr gibt es hier nicht. Die Attraktion des Ortes sind gemauerte Pools, die mit Flusswasser gespeist werden. Der Picknickbereich mit den, auch hier wie in Argentinien, allgegenwärtigen Grills, ist wirklich nett. Badesachen haben wir allerdings keine dabei und fahren deshalb lieber zurück zu unserem Pool auf der Estancia, um der Hitze wieder zu entfliehen. Wir schaffen es gerade noch eine kurze Abkühlung im Pool zu nehmen und schon bricht ein ordentliches Sommergewitter über uns herein. Die Zeit vertreiben wir uns mit Skat spielen im gemütlichen Wohnzimmer. Abends gibt es dann wieder Abendessen von Marina. Heute gibt es ein traditionelles Gericht aus Uruguay. Matambre (zusammengesetzt aus den Worten „tötet“ und „Hunger“) ist in Milch eingekochtes und relativ mürbes Fleisch. Definitiv nicht jedermanns Sache, aber zwei uruguayischen Gästen schmeckt es sehr gut, also scheint die Zubereitung gut gewesen zu sein. Unsere letzte Nacht auf der Estancia ist gekommen, am nächsten Morgen werden wir weiter fahren.
Es war für mich wieder sehr spannend eure Erlebnisse zu lesen. Genießt noch die Zeit und den höheren Komfort mit Anns Eltern. Alles Gute euch weiterhin wünscht Ricarda
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Hallo Ricarda, vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Wir hatten eine gute Zeit mit Anns Eltern und morgen gibt’s schon einen neuen Beitrag. Liebe Grüße an die Kölner!
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