Wine meets Winnetou – Der Nordwesten Argentiniens

Nach dem Ausflug aufs Campo fahren wir wieder nach Cordoba, da die Weiterfahrt gen Norden sonst schwierig erscheint. Wir mieten eine kleine Besenkammer in einem Hostel in der Innenstadt. So können wir abends nicht nur nochmal die günstige Craft Beer Happy Hour im Kneipenviertel Güemes nutzen, sondern auch am nächsten Morgen zu Fuß zum Busterminal laufen. Die Tickets haben wir am Vorabend gekauft und so kommen wir gegen zehn vor acht und damit eine Viertelstunde vor Abfahrt dort an. Wir verpacken unsere Rucksäcke in ihre Schutzhüllen und setzen uns am richtigen Bussteig auf eine Bank. Als vierzig Minuten später immer noch kein Bus ankommt machen wir uns Gedanken, ob wir richtig sind. Also geht Ann zum Büro der Busgesellschaft und erfährt dort, der Bus habe Verspätung und komme gegen halb Elf. Da heute ein kühler Tag für Cordoba ist, beschließen wir also, uns in ein Cafe zu setzen. Max verspeist einmal mehr das typische argentinische Frühstück, Mini-Croissans und Café und telefoniert mit seinen Eltern, Ann arbeitet kreativ am nächsten Video. Um Viertel vor elf ist immer noch kein Bus in Sicht, also geht Ann nochmal zum Büro und wird abermals verströstet. Wir warten also weiter und können um halb zwölf endlich boarden und fahren wenig später in Richtung San Miguel de Tucumán. Wegen der Verspätung kommen wir leider im dunklen an und es regnet, weshalb wir per Taxi zur Unterkunft fahren. Unser Plan, am Nachmittag die Stadt zu erkunden, hat sich damit leider zerschlagen. Nichtmal die Beine vertreten funktioniert, da die Straßen teilweise flussgleich überflutet sind. Zum Glück haben wir noch kaltes Essen vom Vorabend dabei und verhungern so wenigstens nicht. Am nächsten Morgen werden wir früh von der Sonne geweckt, es ist herrliches Wetter. Also beschließen wir, den Vormittag zu nutzen und laufen durch die Stadt. Dabei stoßen wir auf die Casa histórica, dem Geburtsort Argentiniens. Hier wurde die Verfassung ausgearbeitet und die Unabhängigkeit von der spanischen Besetzung erklärt. Ein interessantes kleines Museum finden wir. Auch der Hauptplatz der Stadt und Teile der Altstadt sind ganz hübsch und so vergeht die Zeit schnell. Im Anschluss laufen wir zum Busterminal und fahren in Richtung Norden nach Tafí del Valle.

Regierungssitz der Provinz Tucumán in San Miguel de Tucumán

In Tafí angekommen, laufen wir zum Hostel, das wir per WhatsApp gebucht haben. Dort ist man allerdings überrascht, man erwartet uns nicht und alles ist ausgebucht. Also gibt’s erstmal einen Kaffee und wir versuchen telefonisch andere Hostels zu kontaktieren. Leider ist jedoch Wochenende und daher vieles ausgebucht. Schließlich werden wir aber fündig und kommen in einem nahen Hostel unter, das von zwei netten Frauen geführt wird, die gerne alle möglichen Tipps und Wegbeschreibungen liefern. Trotz unserer Buchung eines Dorms haben wir praktisch ein Privatzimmer, da das dritte Bett die beiden Nächte frei bleibt. Nachdem wir unsere Sachen dort verstaut haben, schlendern wir durch den Ort, kaufen Ziegenkäse und Salami für morgen sowie Zutaten für unser Abendessen ein. Für Max gibt’s als Beilage zum Risotto, das wir schon seit Chile mit uns rumschleppen und heute endlich essen wollen, ein Steak. Tafí liegt in den Bergen und die Häuser hier sind ähnlich wie in den anderen Gegenden der Anden nicht darauf ausgelegt, dass es kalt ist (in Patagonien hingegen gab es immer eine Heizung). Nachts wird es also das erste Mal seit langem kalt, aber zum Glück gibt es warme Decken. Beim Frühstück wärmen wir uns in der herrlichen Sonne auf und machen uns dann auf den Weg zu einer Wanderung. Im Gepäck haben wir eine Beschreibung unserer Gastgeberin Monica. Detailliert hat sie uns den Weg durch den Ort bis zum Beginn der Wanderung beschrieben. Leider nur entpuppt sich die Beschreibung als sehr südamerikanisch. Wir Gringos folgen also verwirrt den unzähligen Details in Form von Hotelnamen, die wir passieren und wundern uns, warum die Beschreibung nicht hieß: immer geradeaus. Immerhin führt uns die Beschreibung in die richtige Richtung, was hier absolut nicht selbstverständlich ist. Nach der Schnitzeljagd kommen wir an eine Stelle, an der ein Schild uns nach rechts zum Wanderweg und einem Souvenirladen weißt, während unsere Karten-App überzeugt ist, wir müssten geradeaus gehen. Der Souvenirladen ist auch in der Beschreibung Monicas erwähnt, also biegen wir rechts ab. Plötzlich stehen wir auf einer sich steil nach oben erstreckenden Weide, denken uns aber nichts dabei. Nach einigen Metern nach oben hindert uns jedoch ein Zaun am Weitergehen, zusätzlich befinden wir uns auf der falschen Seite der Schlucht. Auf der anderen Seite können wir dafür nun den richtigen Weg sehen. Also drehen wir um, und vertrauen doch auf die moderne Technik in Form unserer Smartphones. Jetzt sind wir zwar richtig, doch über steile Weiden schlängelt sich der Weg dennoch. Durch schmale Rinnen im Boden geht es immer höher, bis wir auf einer Art Alm ankommen. Hier gibt’s Brot und Käse zum Mittagessen zwischen den Kühen und reitenden Gauchos und anschließend steigen wir wieder ab, nachdem wir die sonnige Mittagspause ausgiebig genossen haben.

Gauchos über Tafí del Valle

Wieder unten sind wir erstaunt, wie voll es im Ort ist. Gefühlt sind mehr Autos auf den Straßen unterwegs, als in Anbetracht der Größe des Ortes vernünftig erscheint. In dem Restaurants und Kneipen im Zentrum steppt auch der Bär und in den Souvenirshops stapeln sich die Menschen. Tafí, so erfahren wir von unseren Gastgeberinnen, ist ein beliebtes Ausflugsziel für die Städter aus der Provinzhauptstadt San Miguel de Tucumán und so ist es hier an Wochenenden während des Sommers immer unglaublich voll. Die Leute kommen allerdings hauptsächlich zum Feiern statt Wandern her, darüber sind die Dorfbewohner nicht sehr glücklich. Das Geld verdienen sie natürlich trotzdem gerne. Jedenfalls wissen wir jetzt, warum unsere Stadtführerin in Cordoba uns La Falda empfohlen hatte als Ausflugsziel aufs Campo, dort war es definitiv wesentlich ruhiger. Monica hat dazu nur zu sagen, an Wochenenden sehe man, wieso Argentinien nicht funktioniere, aber es sei ein wunderbares Desaster. Am nächsten Tag besteigen wir vor unserer Weiterfahrt nach Cafayate noch den nahen Cerro de la Cruz. Eine kleine 8 Kilometer lange Wanderung führt uns zum Gipfelkreuz und auf einem anderen Weg wieder zum Ortskern. Klingt eigentlich einfach, aber es gibt kaum Beschilderung. Also müssen wir uns an einem Punkt durchs Unterholz in einem schmalen Canyon schlagen, um irgendwann wieder auf den richtigen Weg zu stoßen. Ann, in ihrer Funktion als Sicherheitsberaterin, weist darauf hin gut darauf zu achten wohin man tritt, da der Canyon förmlich nach Schlangen schreit. Ein wenig Abenteuer schadet aber bekanntlich nie und so gefällt uns die Wanderung sehr gut.

Von Tafí del Valle aus geht es anschließend über einen hohen Pass ins hübsche Cafayate. Ann merkt, dass wir lange nicht mehr in der Höhe waren. Hier oben auf über 3000 m bekommt sie kurz Kopfschmerzen, aber zum Glück wird’s direkt besser, als wir durch die Weinberge hinab nach Cafayate fahren. Wir genießen die Panoramablicke von unseren Sitzen in der ersten Reihe des Doppeldeckerbus und freuen uns über die vielen Kakteen, die in der kargen Landschaft hier oben wachsen. In Tafí del Valle hatten wir diese vermisst, obwohl das Ortsschild anderes verheißt. Die Straße schlängelt sich immer weiter ins hübsche Tal und durch kleine Orte. Der Busfahrer hat jedoch keinerlei Auge dafür und knallt unerbittlich mit hoher Geschwindigkeit durch jede Kurve und an den kleinen Häusern vorbei, die hin und wieder die Straße säumen. Hin und wieder reitet ein einsamer Gaucho über die Straße, in diesen Momenten bremst unser Fahrer ab. Wir sind froh, dass in dieser Gegend schon wesentlich weniger los zu sein scheint, als in Tafí und rund um Cordoba. So soll es auch die nächsten Tage weitergehen. Der Nordwesten Argentiniens ist wirklich eine schöne Abwechslung vom touristisch hervorragend erschlossenen Süden Argentiniens. Als wir aus dem Bus steigen bekommen wir einen Schlag, hier ist es deutlich wärmer als im luftigen Tafí. Doch statt uns vom direkt neben dem Busterminal gelegenen Freibad ablenken zu lassen, schultern wir unsere Rucksäcke und laufen die zweieinhalb Kilometer zu unserer Unterkunft. Immer vor Augen haben wir ein kühles Glas Weißwein von der hiesigen Traubensorte Torrontés, das wir uns später gönnen werden. Unterwegs kommen wir schon an vielen Bodegas vorbei, die auch prominent Verkostungen anbieten. Aber das wird unser Programm für morgen sein. Heute suchen wir uns nach dem Bezug des Zimmers nur noch eine kleine Bar für einen Aperitif. Der Torrontés schmeckt uns lecker und so gönnen wir uns zum anschließenden Abendessen aus regionaler Küche (Ziegeneintopf und Mais-Bohnensuppe namens Locro) auch noch eine Karaffe des Hausweins. Am nächsten Morgen lassen wir es entspannt angehen und brechen erst gegen halb elf zur ersten Weinprobe auf. Leider muss man diese hier bezahlen, das ist wohl dem (Inlands-) Tourismus geschuldet. Immerhin sind die Proben sehr informativ und so lernen wir einiges über die hiesige Weinproduktion und die Besonderheiten der Trauben, die hier angebaut werden (überwiegend Torrontés, Malbec, Tannat, Cabernet Sauvignon und etwas Cabernet Franc sowie etwas Chardonnay). Außerdem lernen wir im Weingut El Porvenir das Wine Dispensing System, eine Art Mischung aus Weinkühlschrank und Zapfsystem kennen, das auf Knopfdruck die gewünschte Menge Wein frisch aus der perfekt temperierten Flasche ins Glas zapft. Max ist fasziniert. Nach zwei Weinproben und einem von Wein begleiteten Mittagessen besuchen wir noch eine Ziegenfarm. Dort kann man auch eine Degustationsplatte kaufen, begleitet natürlich von einem Glas leckeren Malbecs. Abends quatschen wir bei einem abschließenden Fläschchen Wein noch mit Simon und Hannah, die zum Ende des Studiums nochmal die Zeit zum Reisen nutzen.

Am nächsten Morgen wollen wir durch eine enge Schlucht zu sieben Wasserfällen wandern. Der Startpunkt ist fünf Kilometer außerhalb des Ortes, also laufen wir in der Hoffnung auf eine Mitfahrgelegenheit einfach los. Und nach einer Minute hält auch schon das erste Auto und nimmt uns mit. Der Fahrer Pedro ist sehr interessiert, wo wir herkommen und an unserer Geschichte. Nach wenigen Minuten teilt er uns dann auch noch mit, er sei Guide für die Wanderung und treffe sich dort mit einem Paar, das ihn gebucht hätte. Wir können gerne mitkommen und so schlagen wir erfreut ein. Ein Guide wird nämlich überall für diese Wanderung empfohlen und Ann ist ohnehin skeptisch, ob sie mit der Höhenangst die teils steilen und sehr schmalen Passagen wird bewältigen können. Das Paar ist aus Buenos Aires und echt nett und so kraxeln wir zu fünft wenig später über den Fluss und durch den Canyon. Die Steine sind hier knallrot und der Boden des Canyons ist mit saftigem Grün bewachsen. Zusammen mit dem tiefen blau des Himmels ergibt das ein unglaubliches Farbspektakel. Nach einer dreiviertel Stunde wird es Ann allerdings zu steil und kraxelig. Also brechen wir die Tour ab und bleiben an einer schönen Badestelle mit Wasserfall sitzen. Hier genießen wir die Sonne und das eiskalte Wasser, bevor wir nach etwa einer Stunde wieder zurücklaufen. Im Garten der wunderschönen Finca Las Nubes, die direkt um die Ecke des Canyons ist, gönnen wir uns ein leckeres Mittagessen und eine tolle Flasche Malbec-Rosé. Zurück wollen wir nach Cafayate laufen, aber wiederum hält nach einer Minute ein schicker SUV neben uns und der Fahrer fragt uns, ob wir mitfahren wollen. Das können wir bei 35 Grad Außentemperatur im Schatten nicht verneinen und steigen ein. Der Fahrer Morris kommt aus China und kundschaftet die lokalen Argrarbetriebe aus, zwecks des Exportes nach China. Am nächsten Tag muss er wie wir nach Salta und so zögert er nicht, uns anzubieten, mit ihm zu fahren. Abends meldet er sich allerdings zähneknirschend bei uns per WhatsApp und teilt uns mit, er müsse doch eine Nacht länger in Cafayate bleiben. Also werden wir wohl einen weiteren Bus nehmen müssen. Wieder im Ort, gehen wir noch zu einer abschließenden Weinprobe und kaufen für abends Wein und Käse. Damit machen wir uns einen entspannten Abend im Hostel und quatschen mit einem netten Paar aus der USA und UK.

Weinberge der Finca Las Nubes in Cafaytae

Am nächsten Morgen machen wir uns früh auf den Weg zum Busterminal. Heute geht’s es weiter Richtung Norden nach Salta. Die Strecke führt durch die unwirkliche Landschaft der Quebrada las Conchas. Überall ragen Kakteen aus der roten Erde, die sich auftürmt zu allerlei Formationen und tiefen Canyons. Wir fühlen uns zeitweise wie in einem Winnetoufilm. Definitiv freuen wir uns darauf, hier später nochmal mit dem Mietwagen lang zu fahren. Das wird dann in Begleitung von Anns Eltern sein, die wir heute Abend am Flughafen in Salta abholen. Den Nachmittag verbringen wir am Pool des Hotels und machen uns dann per Bus auf den Weg zum Flughafen. Doch bevor wir die beiden begrüßen können, müssen wir uns erstmal durch die Menschenmenge am Flughafen zwängen. Hunderte Argentinier stehen in blau weißer Montur mit Fahnen und Bannern vor dem kleinen Terminal. Erstaunt, was dieser Menschenauflauf zu bedeuten hat, fragen wir eine Familie. Alle erwarten die Rückkehr des Siegers der Dakarrallye in seine Heimat nach Salta. Also warten wir auch und machen einige Bilder und Videos von ihm, während er alle Hände voll zu tun hat, Autogramme zu schreiben. Das ganze ist Mal wieder eine lustige Überraschung und so wird uns beim Warten auch nicht langweilig. Kurze Zeit später können wir dann nach über zehn Monaten Anns Eltern in die Arme schließen. Die beiden sind nach drei Flügen ziemlich müde, also gehen wir nach der Abholung des Mietwagens nur noch schnell was essen, erzählen viel und dann geht’s ins Bett, bevor morgen der große Roadtrip losgeht.

Neben unseren Bildern auf Instagram und Polarsteps gibt’s auch schon wieder ein neues Video:

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