Von Peru in die chilenische Atacama Wüste

Die knapp 6 Stunden Busfahrt von Cabanaconde nach Arequipa verbringen wir überwiegend schlafend. Wir kommen nachmittags an und nachdem wir unsere stinkenden Wanderklamotten einer Wäscherei anvertraut haben, verbringen wir den Nachmittag auf unserer sonnigen Dachterrasse. Abends gehen wir Pizza essen. Das genießen wir nochmal ausgiebig, denn wenn wir in Chile sind, wird Essengehen so teuer wie in Europa. Am nächsten Tag haben wir ein paar Dinge zu erledigen: wir gehen zum Friseur (und zahlen beide umgerechnet weniger als 4€), kaufen Gewürze und Öle zum Kochen in Chile ein und gehen auf den Markt San Camilo. Hier wollen wir nochmal unsere liebsten peruanischen Gerichte essen. Mittags gibt es also Ceviche und Rocoto Relleno (gefüllte, scharfe Paprika) mit Kartoffelgratin. Unsere Erwartungen werden nicht enttäuscht. Abends machen wir uns ein letztes Mal Sandwiches mit peruanischem Käse und Palta, der peruanischen Avocado.

Am nächsten Morgen geht es dann per Bus sechs Stunden durch die Wüste zur Grenzstadt Tacna. Als wir die Randgebiete der Stadt passieren, sehen wir wieder unzählige Flüchtlinge aus Venezuela, die am Rand der Stadt campieren. Sie sind immer gut an den blauen UN Rucksäcken zu erkennen. Wie hart diese unglaublich weite Strecke mitten durch die staubige Wüste und über die bitterkalten Andengebirgszüge zu Fuß sein muss, können wir uns nicht vorstellen. Aber nachdem wir so viele Flüchtlinge gesehen haben, wissen wir das Privileg um ein Vielfaches mehr zu schätzen, einfach einen bequemen und warmen Bus nutzen zu können. Wir bleiben eine Nacht in Tacna und essen abends Tallarin Saltado, eine weitere unserer peruanischen Lieblingsspeisen.

Morgens um 7 Uhr machen wir uns dann auf den Weg zum Terminal, das direkt um die Ecke von unserem Hotel liegt. Dort angekommen tauschen wir Soles in chilenische Pesos. Anschließend, nach kurzer Verwirrung, ob wir Gringos auch ein spezielles Impfzertifikat für die Einreise nach Chile benötigen, geht es mit dem Bus zum Grenzübergang. Die Fahrt dauert nur 30 Minuten und dann erwartet uns ein echtes Schauspiel. Unser kompletter Bus muss gemeinsam die einzelnen Stationen der Grenzkontrolle passieren. Dazu geht es jeweils im Gänsemarsch hinter unserem Busfahrer her. Wir zwei Gringos werden an das Ende der Reihe verbannt, wahrscheinlich damit wir nicht den Verkehr aufhalten, sollte es bei unserer Ein- oder Ausreise Probleme geben. Aber auch wir kommen problemlos durch und sind begeistert, wie entspannt die Einreise nach Chile ist. Nachdem die Impfkontrolle, die Ausreise aus Peru und die Einreise nach Chile erledigt ist, müssen alle ihr Gepäck aus dem Bus holen und noch zu einer letzten Gepäckdurchleuchtung. Dann sind wir offiziell in Chile und müssen unsere Uhren zwei Stunden vorstellen. Nach etwa 20 Minuten Fahrt kommt unser Bus in der chilenischen Grenzstadt Árica an. Von hier aus wollen wir über Calama weiter nach San Pedro de Atacama, aber der nächste Bus fährt erst abends um 21 Uhr. Wir buchen also den Bus und können unsere Backpacks im Terminal abgeben. Bis zur Abfahrt sind es knapp 8 Stunden und wir beschließen in das Stadtzentrum zu laufen. Wir essen etwas zu Mittag, kaufen eine chilenische Simkarte und Datenvolumen und beobachten Passanten, während wir auf einer Bank in der Sonne sitzen. Dann machen wir uns auf den Weg in eine nahelegene Mall, denn wir haben immer noch einige Stunden zum totschlagen. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass unsere Zeit ganz schnell mit einer ungeplanten Aktivität gefüllt werden wird…

Wir schlendern durch die Mall, kaufen Proviant für die Nachtbusfahrt und eine Flasche chilenischen Wein für den nächsten Abend (Wein ist wirklich günstig in Chile). Dann setzen wir uns auf eine Bank in einer ruhigen Ecke der Mall und snacken Kekse. Plötzlich spricht uns eine Familie an, ob das unser Schlüssel neben der Bank sei. Wir springen auf und stellen fest, dass direkt neben uns ein Schlüssel auf dem Boden liegt. Genau an dieser Stelle stand vorher Max Tagesrucksack, der jetzt weg ist. Siedend heiß fällt uns der Mann ein, der uns kurz zuvor nach dem Weg zum Terminal gefragt und uns so abgelenkt hat. Ein Komplize muss währenddessen den Rucksack gestohlen haben und dabei seinen Schlüssel verloren haben. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Polizei zu rufen und eine Anzeige zu erstatten. Glücklicherweise haben wir das Kameraequipment versichert und keine Pässe, Geld oder Kreditkarten waren im Rucksack, aber sowohl Max warme Daunenjacke, als auch die Regenjacke waren beide drin. Das ist super ärgerlich, zumal es in der Atacama Wüste nachts eisekalt wird. Statistisch gesehen musste es uns wohl irgendwann treffen, aber unglaublich unnötig ist das Ganze schon. Die Chilenen sind immerhin super hilfsbereit und viele nette Leute bieten uns Hilfe an. Viel mehr als die Anzeige aufzugeben, können wir allerdings ohnehin nicht tun und wir sind einmal mehr froh, dass wir Spanisch sprechen. So können wir wenigstens alles selbstständig regeln. Um einen Rucksack erleichtert und gleich zu Beginn genervt von Chile, treten wir abends um 21 Uhr unsere Busfahrt nach San Pedro de Atacama an. Diese Grenzstadt wird uns sicher noch lange in Erinnerung bleiben…

Die Fahrt nach Calama dauert 7 Stunden und bis auf eine Zollkontrolle mitten in der Nacht uns seltsamerweise mitten im Nirgendwo, verläuft alles ereignislos. Als wir um 5 Uhr morgens im Dunkeln in Calama ankommen, stellen wir fest, dass das Terminal noch geschlossen ist und wir 3 Stunden auf den ersten Bus nach San Pedro de Atacama warten müssen. Es ist superkalt (insbesondere für Max ohne Daunenjacke) und wir sind müde. Außerdem ist es dunkel und die Stadt wirkt alles andere als einladend.  Also entscheiden wir uns dazu, ein Taxi zu nehmen. Es ist zwar ziemlich teuer, aber besser als in der kalten Dunkelheit rumhängen zu müssen. Als wir um 6 Uhr an unserem Hostel in San Pedro ankommen, ist natürlich noch niemand wach und wir müssen warten bis die ersten Gäste zu Touren aufbrechen und uns die Türe öffnen. Um die Wartezeit zu überbrücken und uns zu wärmen, trinken wir unsere Flasche Weißwein und beobachten dabei, wie die Sonne über den Vulkanen und der Wüstenlandschaft aufgeht. Immerhin versuchen wir das Beste aus der Situation zu machen. Nach etwa einer Stunde öffnen uns Gäste das Tor und wir können in den warmen Gemeinschaftsräumen weiter warten und warmen Tee trinken. Doch die Freude währt nur kurz, um halb 10 kommt die Besitzerin und sagt uns, wir dürfen bis zum Check-in (der erst um 14 Uhr ist) nicht im Hostel warten. Das ist das allererste Mal in 7 Monaten (mit unzähligen Nachtbusfahrten und noch mehr Hostels), dass wir in einer Unterkunft nicht auf den Check-in warten dürfen. Da die Besitzerin dazu noch extrem unfreundlich ist, macht Ann kurzen Prozess und teilt der Dame mit, dass sie unsere Reservierung somit als storniert betrachten kann. Wir nehmen unsere sieben Sachen und tingeln die staubige Straße des kleinen Ortes entlang. Es gibt hier hunderte Hostels, deshalb sind wir uns ziemlich sicher, dass wir in einem anderen Hostel netter empfangen werden. Die Rechnung geht auf und nur kurze Zeit später liegen wir in den Hängematten eines kleinen Hostels mit sonniger Dachterrasse und sehr gemütlichem Gemeinschaftsbereich. Wie selbstverständlich teilt man uns hier mit, dass wir ALLE Einrichtungen inklusive Küche natürlich schon vor dem Check-in um 15 Uhr nutzen dürfen. Wir sind erschöpft und wissen den Service sehr zu schätzen. Abends kochen wir uns dann zum ersten Mal etwas mit unseren neuen Gewürzen (für uns das leckerste selbstgekochte Essen seit 7 Monaten) und gehen früh schlafen.

Sonnenuntergang in San Pedro de Atacama

Den nächsten Tag verbringen wir damit, uns im Ort über die verschiedenen Touren in der Atacama Wüste zu informieren. Die Umgebung ist wunderschön und in der trockensten Wüste der Erde gibt es unendlich viel zu sehen, aber die Preise sind auch ganz schön gesalzen. Erstaunlicherweise bietet unser Hostel die günstigsten Optionen an und so buchen wir unsere Tour zu einem auf 4.200 Meter gelegenen Geysirfeld letztendlich doch hier. Eigentlich wollten wir auch noch eine Tour zur Sternenbeobachtung machen. Die Atacama Wüste ist bekannt als einer der dunkelsten Orte der Welt, nicht umsonst stehen hier die Teleskope etlicher Forschungsgruppen. Leider ist jedoch gerade Vollmond und der erhellt nachts die komplette Wüste. Unsere Rezeptionistin Karin ist ein echtes Goldstück und hilft uns außerdem auch noch bei der Buchung von Bustickets für unsere Weiterfahrt nach Santiago in drei Tagen. Ausländische Kreditkarten funktionieren nicht zum online shopping in Chile – so viel zu internationalen Zahlungsstandards. Ein chilenisches Paar, Mariza und Manolo aus Viña del Mar, ist mindestens genau so herzlich und bei Gesprächen über Chile und Deutschland auf der sonnigen Dachterrasse verfliegt die Zeit. Da San Pedro de Atacama auf 3.150 Metern liegt, ist die Sonne hier extrem und wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht verbrennen. Tagsüber ist es so heiß, dass man es sich nicht vorstellen kann, wie kalt es nachts in der Wüste wird. Mariza und Manolo sind super fröhlich und nett, sodass wir uns schon sehr darauf freuen die beiden weiter südlich in Viña del Mar zu besuchen. Sie schreiben uns ihre Handynummern sogar extra auf einen Zettel, damit wir sie auch in Notfällen erreichen können.

Für unsere Tour zu dem Geysirfeld El Tatio am nächsten Morgen sollen wir zwischen 5 und halb 6 abgeholt werden und uns so warm wie möglich anziehen. Um 6 Uhr fährt dann, mit der üblichen südamerikanischen Verspätung, ein Van vor. Die restlichen Touristen unserer Gruppe sitzen schon drin und so geht’s direkt hinauf zum Geysirfeld. Nach 1,5 Stunden Fahrt durch die Dunkelheit kommen wir auf 4.300 Metern an. Uns beiden macht die Höhe zum Glück nichts aus, sodass wir das vor uns liegende Panorama genießen können. Zumindest soweit man bei windigen -15 Grad (und für Max ohne Daunenjacke, dafür mit Anns türkiser Regenjacke ausgestattet) möglich ist. Unsere Mitfahrer haben allerdings teilweise ziemliche Höhenkrankheitsymptome, die Kälte macht es scheinbar nicht besser. Das Geysirfeld wird umrahmt von Vulkankegeln und bis auf 6.000 Meter reichende Berggipfel, überall steigt weißer Dampf aus dem Boden und in der Morgendämmerung sieht alles sehr mystisch aus. Wir überqueren das Feld, wobei wir immer wieder eisglatte Stellen mit gefrorenem Wasser passieren und natürlich den brodelnden Geysiren ausweichen. Manche sind so klein, dass man sie locker übersehen könnte. Doch zum Glück sind um die Geysire herum immer ein paar Steine als Begrenzung gelegt, die den unachtsamen Besucher vor einem Sturz in das kochend heiße Wasser bewahren sollen. Nachdem unsere Gruppe den größten der Geysire bestaunt hat, folgen wir unserem Guide zu einem Punkt an dem wir uns alle auf den Boden setzen sollen. Mit Blick auf einen Berg, genau über dessen Gipfel die Sonne aufgeht, warten wir 15 Minuten auf den Sonnenaufgang. Dabei werden wir angenehm von unten gewärmt, denn der Boden ist tatsächlich richtig schön warm. Nachdem die Sonne das Geysirfeld erreicht, ist es dann leider Zeit aufzustehen und wir merken direkt wieder die durchdringende Kälte. Unsere Zehen sind taub und die Finger tun uns trotz der Handschuhe weh. Als wir nach den obligatorischen Geysirfotos wieder im Van sitzen, freuen sich alle auf das Frühstück und etwas warmes zu trinken. 20 Minuten später halten wir dann am Rand der Straße mit tollem Blick über eine weite, von den Bergen umrahmte, Hochebene. Das Frühstück tut gut und in der Nähe grasen noch dazu ganz entspannt einige Vicuñas. Wir fühlen uns sehr wohl und genießen die nächsten zwei kurzen Stopps an zwei Lagunen. In einer der beiden Lagunen sehen wir unzählige Flamingos und sogar die chilenische Flamingoart befindet sich darunter. Anschließend geht es zurück hinunter nach San Pedro, die meisten unserer Mitfahrer können es kaum erwarten und sind bei den letzten Stopps schon nicht mehr ausgestiegen.

Sonnenaufgang über dem Geysirfeld, San Pedro de Atacama

Den Nachmittag verbringen wir mit einer Siesta in der Sonne auf unserer Dachterrasse bis wir schließlich nochmal in den Ort gehen, um für die lange Busfahrt nach Santiago Proviant und Lebensmittel zum Kochen für abends zu kaufen. Der Ort San Pedro de Atacama selbst hat tatsächlich nichts wirklich Sehenswertes zu bieten und besteht hauptsächlich aus aneinander gereihten Touranbietern, Hostels und Restaurants. Die Häuser fügen sich farblich passend in die Wüstenlandschaft ein und geben mit den staubigen Straßen und Mauern ein eher eintöniges Bild ab. Wir freuen uns auf jeden Fall sehr ab Santiago endlich Mal wieder etwas anders als Wüste zu sehen. Am nächsten Tag machen wir uns schließlich mittags auf den Weg zum Busterminal, um in die Hauptstadt Chiles zu fahren.

Ann vor einem Geysir, San Pedro de Atacama

2 Gedanken zu “Von Peru in die chilenische Atacama Wüste

  1. Oje, da habt ihr ja wieder viel erlebt. Ohne Rucksack fühlt sich maximilian sicher wie nackt. Ärgerlich. Sicher könnt ihr alleas in der Stadt neu kaufen, was ihr dringend braucht. Auf allen Ebenen viel Glück weiterhin wünscht euch Ricarda, eine treue Leserin eurer Schilderungen!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar