Mit unserem Bus aus Tena kommen wir gegen 15 Uhr in Baños an und müssen erstmal eine Bleibe suchen. Meistens buchen wir etwas online vor, da unserer Erfahrung nach der Preis oft besser ist als vor Ort und wir uns außerdem den Aufwand des Suchens ersparen. Dieses Mal aber haben wir dort nichts passendes gefunden. Außerdem ist Baños klein und es gibt eine Recht hohe Hosteldichte. Also gehen wir davon aus, dass wir schnell etwas passendes finden sollten. Unsere drei Kriterien sind dabei: Sauberkeit, von Einheimischen betrieben bzw. in Besitz und möglichst günstig. Und tatsächlich, wir werden schnell fündig. Direkt am Terminal steigen wir im Grand Imperio ab. Der Name ist zwar nicht Programm, aber das Zimmer ist in Ordnung und immerhin nicht teurer als unser günstigster Fund auf den einschlägigen Onlineportalen. Wir entschließen uns, doch wieder häufiger zu versuchen, ein Zimmer erst vor Ort zu finden. Letztendlich ist es für beide Seiten gut, denn so vermeiden wir, dass die Unterkünfte eine Provision entrichten müssen.
Nach der Ankunft recherchieren wir kurz im Internet, was es in Baños zu tun gibt. Unser Abendprogramm steht so relativ schnell: Wir werden im hiesigen Thermalbad nochmal unser Glück versuchen. Hoffentlich ist das Wasser dieses Mal auch warm. Also packen wir unsere Badesachen zusammen und machen uns auf den Weg. Unterwegs informieren wir uns in einigen der zahllosen Agenturen über die angebotenen Touren und vergleichen die Preise, damit wir im warmen Wasser den nächsten Tag planen können. Als wir an der Kasse des Thermalbades stehen, wird uns jedoch erstmal klar gemacht, dass Badekappen Pflicht sind. Doch zum Glück ist die Besitzerin des nebenan gelegenen Ladens eine findige Geschäftsfrau und so verleiht sie Modelle in allen möglichen Farben. Kurze Zeit später stehen wir fertig umgezogen mit unseren Badekappen (in türkis/rot und schwarz/weiß) in der kühlen Abendluft und überlegen, in welches der leicht antik anmutenden Becken wir zunächst springen. Kurz kommt der Gedanke auf, dass ob der braunen Farbe des Wassers und der vielen Kinder in den Becken die Badekappen vermutlich nicht den relevantesten Beitrag zur Hygienesituation leisten. Aber egal, wir entscheiden uns für ein kleines Becken, in dem die am entspanntesten aussehenden Badenden sitzen und werden nicht enttäuscht. Es ist ziemlich heiß. Während wir gemütlich im Wasser sitzen, bewundern wir das erstklassige Panorama. Direkt hinter uns rauscht ein bestimmt 100m hoher Wasserfall die Felswand herunter. Vor uns erstrecken sich die grün bewachsenen Berge, zwischen denen gerade die feuerrote Sonne untergeht. Während der Himmel sich langsam mit allen Rottönen füllt, merken wir, dass wir es nicht sehr lange im Wasser aushalten. Wir wundern uns über die älteren Herren und Damen, die gefühlt nie das Becken verlassen. Aber wahrscheinlich ist das nur Übung, das Thermalbecken scheint nämlich das hiesige Äquivalent einer öffentlichen Sauna zu sein. Man kennt sich und die paar Gringos, die nichts aushalten, werden interessiert gemustert. Wir springen also ins nächste Becken und hier können wir es länger aushalten. Es ist perfekt temperiert. Bevor wir nochmal ins heiße Becken wechseln, lässt Max es sich nicht nehmen, unter dem Wasserfall zu duschen und eine runde im kalten Becken zu schwimmen. Auf dem Rückweg kaufen wir noch Brot und Käse für das Abendessen ein, da es im Grand Imperio leider keine Küche gibt. Außerdem buchen wir noch zwei Touren für den nächsten Tag.
Nach einem leckeren Frühstück in einer Cafeteria geht’s zur ersten Tour. In einem knallbunten LKW mit Holzpritschen auf der Ladefläche und unnötig lauter Raggaetonmusik geht’s die Ruta de las cascadas (die Wasserfallroute) entlang. Eine Fahrt mit diesen LKW, Chiva genannt, ist eigentlich kolumbianische Tradition, dort hatten wir es jedoch nie geschafft. Die ersten Wasserfälle sind alle etwas enttäuschend, das ist vielleicht der Trockenzeit geschuldet. Doch am Ende der Route wartet der Pailón del diablo auf uns. Aufgrund der schieren Wassermassen und auch der nicht unbeträchtlichen Höhe ist das ohnehin ein spektakulärer Wasserfall. Hinzu kommen aber noch die steilen Wegkonstruktionen, die den Besucher an mehreren Stellen ganz nah an das Wasser heranführen. Wir werden ganz schön nass, während wir uns über die Hängebrücken und Treppen bis fast zum Fuß des Wasserfalls begeben. Aber zum Glück ist heute strahlender Sonnenschein, da trocknet alles schnell. Alles in allem ist der Wasserfall für uns ein echtes Highlight in Ecuador! Als wir wieder zurück im Ort sind, essen wir ein schnelles Mittagsmenü. Obwohl das Essen in Ecuador günstiger ist, als in Peru und Kolumbien, haben wir es wirklich nicht vermisst!

Anschließend steht für Max eine Canyoningtour an, während Ann sich eine anderthalbstündige Massage gönnt. Beim Canyoning geht’s zunächst neben einer schmalen Schlucht einige Minuten bergauf. Dabei gehen wir an einigen Wasserfällen vorbei, in denen wir uns im Anschluss abseilen. Nach einer kurzen Einführung in die notwendigen Handgriffe befestigen die beiden Guides die Seile für den ersten Wasserfall und anschließend Seilen wir uns nacheinander den etwa zehn Meter hohen Wasserfall ab. Das ganze ist gar nicht so leicht. Immer wieder rutscht man ab und hängt dann im Klettergurt inmitten des herab stürzenden Wassers. Bis man wieder Halt gefunden hat und sich weiter abseilen kann, ist man komplett durchnässt. Zum Glück haben wir einen Tag mit perfektem Sonnenschein erwischt und so ist es entsprechend warm. Am Ende des ersten Wasserfalls wartet das erste Highlight. Wir sollen uns aus zwei Metern Höhe zurück lehnen und einfach fallen lassen. Ein seltsames Gefühl, auch wenn man weiß, dass der Pool am Fuße des Wasserfalls tief genug ist. Der zweite Wasserfall ist kleiner, aber reißender. Einige aus der Gruppe haben hier Probleme nach dem Abrutschen wieder Halt zu finden, da das Wasser erbarmungslos ins Gesicht knallt. Hier zeigt sich endlich in Südamerika die Vorteilhaftigkeit von Max Körpergröße, das Wasser knallt ihm nur gegen die Brust. Sonst ist die Körpergröße hier ja eher hinderlich, sei es, wenn man unauffällig sein möchte oder in engen Bussen sitzt. Der dritte Wasserfall wird auf dem Hosenboden runtergerutscht und beim letzten Wasserfall wartet das abschließende Highlight. Der Guide will nicht verraten, wie es hier herunter geht. Also folgen wir ihm alle bis zur Abbruchkante, hintereinander an einem Sicherungsseil eingehakt. Leider kann man nichts sehen, weil es steil und scheinbar tief herunter geht. Der erste in der Gruppe wird ins herunterhängende Seil eingehakt und bekommt die Anweisung sich mit dem Rücken zum Abgrund in den Klettergurt zu setzen. Kaum getan, lässt der Guide ihn schon in die Tiefe rauschen. Als nächstes ist Max dran. Beim Anblick des Abgrunds wird ihm schon etwas mulmig, der Wasserfall stürzt 45 m in die Tiefe. Aber letztlich ist das Abseilen hier in etwa so, als wenn der Kletterpartner in der Kletterhalle einen schnell herunterlässt. Man spürt durchaus kurz den freien Fall, aber sonst ist das nicht besonders aufregend. Das mulmiges Gefühl kommt eher dadurch zustande, sich von jetzt auf gleich komplett in die Hände des Guides zu begeben. Aber er hat’s super gemacht. Und es ist definitiv aufregend zusammen mit dem tosenden Wasser in die Tiefe zu rauschen.
Abends essen wir wieder Brot mit Käse, bevor es am nächsten Tag weiter nach Riobamba wieder ins Hochland Ecuador, die Sierra, geht. Aber bevor wir mittags losfahren, machen wir morgens noch eine Wanderung. Der Weg führt uns steil bergauf entlang von Zuckerrohrfeldern. Das muss eine ganz schöne Arbei sein die steilen Hänge abzuernten. Die Wanderung führt uns oberhalb von Baños entlang und vom Café del Cielo und einem Denkmal haben wir einen tollen Blick über die Stadt und die umliegenden Berge. Nach einem kurzen Mittagssnack am Terminal fahren wir nach Riobamba. Dort kommen wir wieder im gleichen super Hostel unter wie das letzte Mal. Zum Glück finden wir es auch nach weiteren geschätzten 30 Unterkünften, die wir seitdem kennen lernen durften, immer noch gut. Den Nachmittag verbringen wir größtenteils damit, Bilder und Videos der Tage in der Cloud zu sichern. Hier ist das Internet nämlich überdurchschnittlich gut. Am nächsten Tag machen wir uns früh auf den Weg zum Busbahnhof. Hier wollen wir einen Bus nach Guamote finden, einem kleinen Städtchen in den Bergen, das jeden Donnerstag zum Zentrum des gesamten Lebens im meilenweiten Umkreis wird. Donnerstag ist nämlich Markttag. Und da der Weg aus den abgelegenen Dörfern sehr beschwerlich und die Menschen arm sind, wird an diesem Tag in „der Stadt“ natürlich alles wichtige erledigt. Deshalb steppt in dem Ort der Bär, als wir ankommen. Der Großteil der Menschen in dieser Gegend ist indigener Abstammung und lebt noch sehr traditionell. Das trägt ungemein zur besonderen Stimmung hier bei. Eine Tracht ist bunter zusammengewürfelt als die andere und Menschen wuseln wild durcheinander. Ein ungemein farbenprächtiger Anblick. In diesem wilden Gemisch verschiedenster Farben geht auch unser bisheriger Eindruck unter, die Trachten hier seien nicht so farbenfroh. Der Höhepunkt für uns ist wortwörtlich der Viehmarkt, der etwa anderthalb Kilometer oberhalb des Ortes auf einer Anhöhe stattfindet. Auf einem schmucklosen betonierten Platz stehen jede Menge Kühe und Schweine mit ihren jeweiligen Besitzern und den Interessenten herum. Manche Familien bieten nur ein einziges Tier an, andere haben dutzende. Manche Familien haben einen eigenen LKW, um die Tiere zu transportieren, andere nehmen einen Taxi-Pickup, wie wir auch. Menschen sitzen größtenteils drinnen, Tiere stehen auf der Ladefläche. Obwohl alle diese Menschen hier sicherlich ein hartes Leben haben und vom Erlös für den Verkauf ihrer Tiere leben, sieht man so aber doch deutlich, dass die Menschen ganz verschieden wohlhabend sind. Wir können das direkt verknüpfen mit den Häusern und Hütten, die wir dauernd sehen, während wir mit dem Bus durch kleine Orte heizen. Selbst im abgelegensten Dorf sieht man teilweise Betonhäuser mit Satellitenschüssel direkt neben einfachen Bretterhütten mit Wellblechdach und das, obwohl letztlich alle die gleich Einkommenquelle, die Landwirtschaft, haben. Das ist dann wohl Kapitalismus im Kleinen. Ein wenig unterhalb des Viehmarktes ist der Pferde- und Eselsmarkt. Die Stierkampfarena wurde dazu als Probereitplatz umfunktioniert und an die Absperrungen sind die angebotenen Tiere angeleint. Einige Pferde laufen auch noch frei in der Arena umher und werden nach und nach mit dem Lasso eingefangen. Ann wird bei einem besonders schönen Falben fast schwach, aber was sollten wir mit einem Pferd anfangen? Also geht’s ohne neuen Besitz wieder zurück nach Riobamba und früh ins Bett.

Am nächsten Tag haben wir nämlich eine ganze Strecke vor uns. Bis nach Salinas an der Pazifikküste wollen wir es schaffen. Dazu nehmen wir zunächst den Bus nach Guayaquil. Hier wollen wir auf keinen Fall nochmal eine Nacht bleiben, weshalb wir dort nur kurz Mittag essen und im Anschluss weiter nach Santa Elena fahren. Das ganze dauert 9 Stunden, aber eine Busfahrt mit dem Stadtbus von Santa Elena nach Salinas haben wir noch vor uns. Vorab hatten wir die Info, Salinas sei der Urlaubsort der reichen Städter, das lässt sich aber an den abgerockten Häusern, an denen wir etwa eine Stunde lang vorbei fahren, nicht erkennen. Schließlich steigen wir eine Straßenecke von unserem Hostel entfernt aus und wundern uns immer noch: Die Gegend sieht eher so aus, als wolle man hier im Dunklen nicht mehr herumlaufen. Im Hostel wird uns dieser Eindruck auch bestätigt. Zum einen Block entfernten Malecón sei es aber noch in Ordnung, also machen wir uns nach dem langen Sitzen auf dem Weg und spazieren die Promenade entlang. Einerseits um etwas zu essen, andererseits um uns Plätze auf einem Whale Watching Boot für morgen zu organisieren. Salinas ist nämlich, neben vielen anderen Orten an der Pazifikküste, die perfekte Ausgangsbasis um von Juni bis September Buckelwale zu beobachten, die zum Gebären hier herkommen. Es ist auch tatsächlich leicht, die Tiere zu finden. Unser Kapitän fährt nur 20 Minuten aufs Meer hinaus und schon können wir fast eine Stunde lang eine 18 Meter lange Walmutter dabei beobachten, dem Kleinen schwimmen beizubringen. Die Tiere sind beeindruckend riesig und es ist ein tolles Erlebnis. Insbesondere da der Kapitän teilweise sehr nah an die Wale heranfährt und wir sie sehr deutlich sehen. Allerdings bezweifeln wir stark, dass die Tiere das auch toll finden und so können wir das ganze nicht so richtig genießen.

Nach dem Whale Watching gehen wir mit gemischten Gefühlen die Küste entlang zu einer Seelöwenkolonie. Doch bevor wir dort ankommen, endet die Straße an einer von Soldaten bewachten Schranke. Von einem Schild erfahren wir, dass hier ein Marinestützpunkt ist. Wir fragen die Soldaten, wo es zu den Seelöwen geht und sie verweisen uns auf eine Parallelstraße. Doch als wir dort ankommen, stehen wir vor der Schranke zur Basis eines Artilleriebatallions. Also fragen wieder und werden freundlich durchgewunken. Die Seelöwen werden also gut bewacht! Nach einem guten Fußmarsch riechen wir die Kolonie auch und sehen sie sogar wenig später. Wir grüßen die Tiere von Max Familie und beobachten sie eine Weile, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen. Am nächsten Tag werden wir Salinas in Richtung Puerto Lopez verlassen.