Wasserfälle, Dschungelvögel & Regenwald

Mit dem Bus fahren wir morgens von Otavalo über Quito nach Mindo. Da wir schon im Mai länger in Quito waren, steigen wir hier dieses Mal nur um. Als wir gerade losfahren, begrüßt uns plötzlich ein südamerikanisch aussehender Mann in fast perfekten Deutsch mit „Moin! Wo kommt ihr denn her?“. Wir sind ein bisschen überrascht, Deutsch hatten wir gerade nicht erwartet. Aber unser Bus-Buddy lebt schon lange in Hamburg und ist hier gerade nur für zwei Wochen zu Besuch bei seiner Familie. Diese kurzen Begnungen mit Fremden sind immer wieder interessant. Nach zwei Stunden schmeißt uns der Busfahrer dann an der Abbiegung nach Mindo an der Straße raus. Von hier geht’s im Colectivo die letzten Kilometer bis in den Ort.

Am nächsten Tag machen wir uns morgens früh auf zu einer Wanderung. Als erstes geht es mit der kleinen, offenen Kabine eines seilbahnähnlichen Gefährtes über eine 530 Meter breite Schlucht. Auf der anderen Seite beginnt dann die Wanderung zum ersten der 7 Wasserfälle. Wir haben uns dazu entschieden, zu erst den am weitesten entfernten und etwas abseits gelegenen, aber größten der Wasserfälle anzuschauen. Gut eine Stunde wandern wir einen Pfad entlang, der uns bergauf und bergab durch den Bergregenwald führt. Außer uns sind hier kaum andere Menschen unterwegs. Die meisten wandern nur die Hauptroute mit den übrigen Wasserfällen, daher haben wir den Dschungel gefühlt für uns ganz alleine. Wir bleiben immer wieder stehen, um die Vögel, deren Zwitschern wir hören, auch zu erspähen. Versteckt im grünen Dickicht ist das allerdings gar nicht so einfach. Wir hören einen Quetzal (Anns Favorit auf der imaginären „Vogelwunschliste“), aber können ihn leider nicht entdecken. Dafür sehen wir Kolibris in vielen verschiedenen Farben und ein Tukan flattert vor uns über den Weg. Als wir am Wasserfall ankommen, kommen uns zwei andere Wanderer entgegen, sodass wir den Wasserfall auch für uns alleine haben. Wir legen eine kleine Snackpause ein und füllen unsere Trinkflasche mit dem eiskalten Wasser auf. Anschließend machen wir uns auf den Rückweg. Da es jetzt schon später ist, sind nicht mehr so viele Vögel zu hören und wir kommen schneller voran. Als wir wieder am Ausgangspunkt unserer ersten Teilwanderung ankommen, machen wir direkt mit der Hauptroute weiter. Innerhalb einer Stunde kann man hier zu 5 weiteren Wasserfällen wandern. An dem ersten Wasserfall legen wir einen Stopp ein und springen einmal kurz in den eiskalten natürlichen Pool am Fuß des kleinen Wasserfalls. Badesachen haben wir in weiser Voraussicht mitgenommen. Über eine Brücke geht es dann weiter zu dem nächsten Wasserfall. Dieser gefällt uns mit am besten, denn er liegt etwas versteckt, fast wie in einer Grotte, am Ende einer kleinen Schneise. Die anderen Wasserfälle sind ganz nett, aber da gerade Trockenzeit ist, haben alle nicht besonders viel Wasser. Nachdem wir uns bis zum letzten Wasserfall vorgearbeitet haben, machen wir uns auf den Rückweg. Der Weg führt wieder bergauf und bergab und das letzte steile Stück lässt uns im feuchten Klima schwitzen. Nach der relativ anstrengenden Wanderung ist es eine angenehme Erfrischung mit der Kabine wieder zurück zur anderen Seite der Schlucht zu brausen. Ein toller Tag finden wir beide – Ann ist wie immer glücklich, wieder im Dschungel zu sein.

Wasserfall in Mindo

Auf dem Rückweg sitzt Ann im Pickuptaxi vorne, während Max auf der Ladefläche mitfährt. Während der kurzen Fahrt bekommt Ann so vom Fahrer den Tipp, dass es günstigere Alternativen zu den relativ teuren Birdwatchingtouren gibt. Am nächsten Morgen nehmen wir deshalb den ersten Bus hoch zur Hauptstraße und besuchen dort die kleine Birdwatching Lodge San Tadeo. Im Prinzip handelt es sich um ein privates Grundstück, das dicht bewachsen ist mit Bäumen, Palmen, Farnen und Blumen mit bunten Blüten – ein Miniaturdschungel. In diesem kleinen Dschungel sind zwei Vogelkrippen aufgestellt und mit Bananen gefüllt. Das zieht unvorstellbar viele Vögel an, neben hunderten bunten Kolibris und anderen Vögeln kommen auch 2 Tukane vorbei. Tukane dieser Art haben wir noch nie gesehen, da es sich um eine vorwiegend in Nordecuador vorkommende Art handelt. Der Emerald Tucanette hat ein tiefes grün und verschwimmt mit den Blättern der Bäume. Von San Tadeo aus haben wir einen tollen Ausblick über Mindo und den Nebelwald. Nachmittags entspannen wir und vereinbaren mit Andersson, der im Nachbarhaus der Birdwatching Lodge wohnt, eine Tour für den nächsten Morgen.

Emerald Tucanette

Andersson ist Birdwatchingguide, das hat er von seinem Vater übernommen. Die Familie arbeitet schon seit über 20 Jahren mit dem privaten Reservat Las Contingas zusammen. Um 5:30 Uhr holt uns Andersson mit seinem Pickup ab. Da so früh noch kein Bus fährt, haben wir den Fahrservice dazugebucht. Allerdings nur für den Hinweg. Nach etwa 20 Minuten Fahrt kommen wir im Reservat an. Mit dabei in unserer Gruppe sind außerdem noch 4 Profibirdwatcher. Einer von ihnen ist sogar selbst Birdwatchingguide in Mexiko. Wir machen die Tour eigentlich nur, weil wir einen Gallo de la Peña (Andenfelshahn, für den Mindo extrem bekannt ist) sehen wollen und auf einen Quetzal hoffen. Nachdem wir 20 Minuten durch den Bergregenwald gewandert sind, kommen wir zu einer Stelle, an der ganz viele Gallos de la Peña aktiv sind. Die Männchen sind schon von weitem zu hören… Wir bleiben fast eine 1 Stunde und beobachten das Spektakel. Die knallroten Vögel flattern hin und her und versuchen so die wenigen anwesenden Weibchen zu beeindrucken. Als wir das Spektakel lange genug beobachtet haben, versuchen wir einen Golden-Headed-Quetzal zu finden. Auf dem Hinweg haben wir ihn schon gehört und nun versucht unser Guide ihn mit Playbackaufnahmen von Quetzalstimmen anzulocken, aber wir haben leider kein Glück. Dafür sehen wir jede Menge andere Vögel und die 4 Profibirder können sich gefühlt stundenlang für jeden noch so kleinen Spatz interessieren. Wir finden die Adler und Falken, die wir durch das überdimensionale Fernglas von Andersson beobachten können, da schon deutlich spannender. Kurz vor unserer Rückkehr sehen wir noch einige Kolibris und Anderssons Vater, den wir unterwegs treffen, macht sich kurz Hoffnung, eine für ihn neue Kolibriart erspäht zu haben. Nach kurzer Recherche stellt sich dann allerdings heraus, dass es sich doch nur um ein Jungtier einer Art handelt, die häufig vorkommt. Die Profibirder tragen alle gesehenen Vogelarten in eine Liste ein und wir schreiben uns die Namen auch fleißig mit (falls jemand Interesse hat, das würde hier den Rahmen sprengen ;)). Wir erleben hier auch Mal wieder, wie nachhaltiger Tourismus Gutes bewirken kann. Anderssons Vater war früher Holzfäller und Vogeljäger, um begehrte Arten teuer als Haustiere zu verkaufen. Durch seine Arbeit als Guide verdient er jetzt gutes Geld und schützt gleichzeitig die Natur. Nach unserer Tour bringt Andersson uns beide zurück zur Kreuzung, von wo aus wir mit Taxis oder per Anhalter zurück nach Mindo fahren können (das ist deutlich billiger als der komplette Service). Wir haben Glück und wir stehen keine 3 Minuten an der Kreuzung als eine Frau uns in ihrem Pickup mitnimmt. Max sitzt auf der Ladefläche und Ann vorne. Teffa ist super lieb und kommt ursprünglich aus Quito. Mit ihrem Mann, der aus Uruguay kommt, lebt sie gemeinsam in Mindo. Sie erzählt Ann von einem Projekt in Mindo, um die Rodung des Bergregenwaldes zu verhindern. Wie an vielen Orten in Ecuador, sollen auch um Mindo herum große Teile Land an Minengesellschaften verkauft werden. Der Tourismus ist deshalb ein wichtiger Faktor zur Erhaltung der Natur, denn wenn es keine Natur mehr gibt, kommen auch keine Touristen mehr.

Gallo de la Peña

Am nächsten Tag geht es über Quito nach Tena. Das stellt sich als nicht ganz unaufwändig heraus. Als erstes nehmen wir ein Colectivo hoch zur Kreuzung, da dort die Busse regelmäßiger vorbeifahren als unten im Ort. Wir haben Glück und direkt als wir ankommen, können wir in einen Bus nach Quito steigen. Nach 2 Stunden kommen wir also am Nordterminal an. Von hier müssen wir mit einem Shuttlebus zum Südterminal fahren, das dauert auch knapp eine Stunde. Als wir dort ankommen, informieren wir uns, welche Busgesellschaften nach Tena fahren. Wir stehen an dem Schalter einer Dame, die uns erklärt, ihr Bus führe um 14 Uhr ab, sei der Expressbus (ohne Stopps um Leute mitzunehmen) und natürlich gäbe es eine Toilette an Board. Noch dazu erzählt sie uns, dass der Bus des Nachbarschalters keine Toilette habe, bei gleichem Preis. Die Entscheidung liegt also auf der Hand und wir kaufen das Ticket. Als wir dann auf unseren Bus warten, stellen wir fest, dass die nette Dame uns mehrfach belogen hat. Unser Bus fährt um 14:30 Uhr, nicht um 14 Uhr. Der Bus der Konkurrenz fährt somit vor unserem ab und hat natürlich eine Toilette. Die große Überraschung erleben wir aber dann, als unser Bus endlich ankommt. Es gibt bei uns, entgegen der Versprechungen, nämlich keine Toilette – bei 6 Stunden Fahrt ist das ein echtes Manko. Ann machen die vielen Lügen so wütend, dass sie kurzerhand zurück zum Ticketschalter sprintet und sich beschwert. Die Dame macht große Augen als sie realisiert, dass Ann sich nicht nur umfänglich auf Spanisch beschweren kann, sondern auch auf einen Rabatt für die Minderleistung besteht. Nach einer kurzen, aber effektiven Diskussion gibt es also eine Erstattung. Triumphierend rennt Ann zurück zum Bus und verliert dabei irgendwie die zurückbekommenen Münzen aus der Tasche. Max findet es war trotzdem eine erfolgreiche Mission, immerhin hat die Busgesellschaft das Geld auch nicht und vielleicht findet es ja jemand, der sich darüber freut. Mit unzähligen Stopps um unterwegs noch mehr Passagiere einzusammeln, geht es dann Richtung Tena (eine weitere Lüge also). Immerhin haben wir wirklich einen Expressbus erwischt, der Fahrer gibt Gas und fährt soviel Zeit raus, dass wir sogar noch den Bus der anderen Gesellschaft überholen. Wir sind froh, als wir in Tena ankommen.

Tena liegt am Rande des Regenwaldes mit Blick auf die grünen Ausläufer der Cordillera Oriental. Die kleine Stadt ist das Geschäfts- und Handelszentum für die umliegenden Kichwa Communities. Es gibt eigentlich nicht viel zu sehen oder zu tun, aber Tena ist bekannt für Wildwasser Rafting. Die Tour steht also ganz oben auf Max Ecuador Bucketliste. Der Tourismus ist allerdings während der Pandemie scheinbar zum Erliegen gekommen, sodass es nicht ganz einfach ist, eine Rafting Tour zu buchen, da zur Zeit kaum Gruppen zustande kommen. Zum Glück kann unser Hostelbesitzer helfen und Max eine Tour der Klasse IV für den nächsten Tag organisieren. Die Rafting Tour über den Rio Hollín und Rio Jondachi ist deutlich technischer als die letzte Rafting Tour in San Gil. Immer wieder bleibt das Raft stecken, da der Fluss aktuell nicht so viel Wasser hat. Pünktlich zur Mittagspause schüttet es dann wie aus Eimern, echtes Regenwaldwetter. Die Raftingtour durch den Dschungel bietet aber eine angenehme Erfrischung von der Hitze in Tena. Ann wollte eigentlich zum Friseur gehen, verschiebt den Plan jedoch, weil es einfach zu heiß ist. In Tena gibt es außerdem noch eine kleine Halbinsel, auf der ein Tapir und eine ganze Bande Totenkopfäffchen leben. Der Bereich ist allerdings für Überfälle auf Touristen bekannt, sodass wir uns, wie uns eingeschärft wurde, nicht allzuweit vom Eingang entfernen. Nach wenigen Minuten sehen wir die Totenkopfäffchen auch schon durch die Bäume springen. Dann machen wir uns auf den Rückweg zum Hostel, dank der Hitze schwitzen wir auf den wenigen Kilometern wieder ordentlich. Vor der Weiterfahrt nach Baños probieren wir noch in einem kleinen Restaurant die lokale Spezialität Maitos. Hierbei handelt es sich um in Bananblättern gekochtes Hühnchen oder Fisch. Die Blätter samt Inhalt werden etwa 40 Minuten über Holzkohle gegrillt und anschließend in einer würzigen Suppe gekocht. Vom Restaurant ist es nur ein Katzensprung zum Terminal, gut gestärkt geht es direkt nach Baños.

Bis bald, Max & Ann

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