Nach zwei Stunden Flug landen wir um Mitternacht in Bogotá und nehmen ein Taxi zum Hostel. Unterwegs erzählt der Taxifahrer uns, dass man in unserem Viertel abends nicht mehr rumlaufen sollte, es sei sehr gefährlich. Willkommen in Kolumbien! Wir wussten aber Bescheid und es schockiert uns nicht weiter, tagsüber ist in unserem Viertel alles sicher. Kein Wunder, es ist schließlich das Herz der Stadt, in dem sich unter anderem die Regierungsgebäude und einige der sehenswertesten Museen befinden.
Nachdem wir uns ein wenig ausgeschlafen haben, machen wir uns um 9 Uhr auf den Weg zum Frühstücken. Wir finden ein nettes Café, in dem etwa 6 verschiedene Arten der Kaffeezubereitung angeboten werden und das ganze nicht teurer als ein Instantkaffee in Peru oder Ecuador. Der Kaffenerd in Max freut sich. Von den angebotenen Sorten Kaffeebohnen (das Café hat eine eigene Finca und unterhält somit die komplette Wertschöpfungskette vom Anbau bis in die Tasse) wählt er die günstigste. Es schmeckt trotzdem besser als sämtliche in Ecuador und Peru getrunkenen Kaffees. In diesen Ländern wird zum einen ein noch größerer Teil des qualitativ hochwertigen Kaffees exportiert, als in Kolumbien und zum anderen scheint sich in Kolumbien einfach mehr eine Kaffeeszene etabliert zu haben. Doch nicht nur der Kaffee war ein Highlight, auch das Essen im Jaguar-Café ist super, wenn auch etwas über unserem üblichen Budget. Mittag- und Abendessen lassen jedoch darauf schließen, dass Kolumbien in der Tat noch günstiger ist als Peru und Ecuador.
Nach dem Frühstück lassen wir uns durch die Stadt treiben, laufen ohne Ziel umher und lassen die Stadt auf uns wirken. Sie ist weder sonderlich hübsch noch alt. Geprägt vom schlichten, aber teilweise wuchtigen Baustil der 60er. Die meisten Gebäude werden außerdem nicht sehr gut instand gehalten und wirken in die Jahre gekommen. Außerdem sehen wir viele Plätze, die bewohnt sind von scheinbar obdachlosen Menschen, denen man größtenteils eine längere Vergangenheit mit verschiedenen Substanzen ansieht. Dennoch versprüht die Stadt nicht zuletzt wegen der vielen schönen Streetarts (Graffiti) und gemütlichen Cafés und Pastelerías (Konditoreien) einen gewissen Charme. Max pflegt auf jeden Fall seine Sucht nach gutem Kaffe und Schweinohren.
Nach dem Mittagessen, das wenig überraschend sehr fleischlastig ausfällt, gehen wir ins Boteromuseum. Trotz der Tatsache, dass wir beide Kunstmuseen meist nicht sehr viel abgewinnen können, bleiben wir doch eine ganze Weile und schauen uns die Werke von Botero (dem berühmtesten Maler Kolumbiens) aber auch anderer Künstler wie Picasso, Renoir, Monet und und und an. Vielleicht werden wir doch langsam alt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Werke von Botero teilweise sehr unterhaltsam sind. So hat er beispielsweise eine überlebensgroße, sehr füllige Kopie der Mona Lisa auf Leinwand gebannt.
Am nächsten Morgen nehmen wir an einer Free Walking Tour Teil und lassen uns zu den Gebäuden, die wir am Vortag schon gesehen haben, die Geschichten erzählen. Die Tour ist auf jeden Fall zu empfehlen, wir lernen beispielweise, dass Kolumbien einer der größten Exporteure für Saphire ist. Passend dazu sehen wir auch eine der größten Freiluft-Edelsteinbörsen der Welt. Ältere Männer verhandeln mitten auf dem Platz im Stehen über die Kaufpreise für die feilgebotenen Saphire. Man schätzt, dass hier täglich Steine im Wert von 250 Tausend Euro den Besitzer wechseln. Im Anschluss fragen wir unseren Guide nach einer Empfehlung für die lokale Essenspezialität namens Ajiaco: eine Art Kombination aus Hühnerfrikassee und Kartoffelsuppe mit frischer Avocado als Beilage. Wir finden die Suppe absolut köstlich. Trotz der reichhaltigen Suppe fühlt Max sich krank, weshalb wir den Rest des Tages im Hostel verbringen.
Nach etwa 14 Stunden Schlaf geht’s wesentlich besser, weshalb wir uns ins hochgepriesene Goldmuseum begeben. Ann ist vor allem gespannt auf die Schätze der sagenumwobenen Ciudad Perdida (verlorene Stadt). Im Museum bewundern wir die unzähligen Exponate und lernen viel über die traditionelle Goldschmiedekunst der alten Volksstämme Kolumbiens. So war man in der Lage mit Techniken wie dem Gießen mit verlorenen Formen, aber auch mit verschiedenen Legierungen, feinste Kunstwerke in allen Formen und Farben herzustellen. Ziemlich beeindruckend! Das Highlight der Ausstellung ist jedoch eine Figur, die Menschen auf einem Floß darstellt. Die Geschichte dahinter ist jene des wahren El Dorado: Der künftige Herrscher der Muisca musste vor Antritt seiner Regentschaft bedeckt von Goldstaub in Begleitung von Priestern auf einem Floß in die Mitte des heiligen Sees fahren und dort unzählige goldene Kunstwerke den Göttern opfern. Das weckte natürlich die Begierlichkeiten der spanischen Eroberer, die alles Gold in ihrer Reichweite vom Grund des Sees plünderten und die Stadt El Dorado – die Goldene – nannten. Im Anschluss müssen wir leider unser Hostel wechseln, da wegen der Abschlussfeierlichkeiten einiger Unis alles ausgebucht ist und wir uns entschieden haben noch zwei Nächte länger zu bleiben. Am Nachmittag, auf dem Weg zur Streetartführung, probieren wir das erste Mal Arepas (gefüllte Maisfladen), sind aber nicht begeistert, es ist eine ziemlich trockene Angelegenheit. Bei der Führung bekommen wir einiges zur Motivation der einzelnen Streetarts und deren Künstler in der Stadt erklärt. Das ganze ist absolut interessant, außerdem kommen wir so auch einige Meter in ein Viertel, das man als Tourist nicht alleine besuchen sollte.

Am nächsten Tag wollen wir das nicht so leckere Mittagessen vom Vortag wettmachen und machen uns daher zu Fuß auf den Weg zum Mercado de Preserverancia. Fans der Netflixserie Streetfood in Latin America erinnern sich vielleicht an diesen bunten Markt, auf dem Gerichte aus allen Regionen Kolumbiens angeboten werden. Leider hat der Ruhm durch Netflix negative Seiten, wie wir schnell erfahren als wir an dem anvisierten Stand „Tolú“ fragen, wo wir uns hinsetzen können (alle Sitzplätze in der Markthalle sind belegt). Der Kellner zeigt nur kommentarlos auf eine Warteschlange, die sich aus der Markthalle herausschlängelt. Das Ende können wir nicht sehen. Wir beschließen, uns trotzdem anzustellen und können uns nach 45 Minuten Wartezeit auch tatsächlich setzen. Max findet im Nachhinein, dass es sich für die hiesige Version der Ajiaco und die Käsesuppe mit Yamwurzeln namens Mote gelohnt hat, Ann ist nicht so überzeugt. Gerichte anderer Stande probieren wir allerdings nicht mehr, das lohnte sich dann doch nicht.
Auf dem Rückweg vom Markt lassen wir uns Zeit. Heute ist Sonntag und entsprechend ist wie jede Woche in Bogotá ein großer Teil der Straßen für Autos gesperrt, was die halbe Stadt aktiv werden lässt. Viele Menschen sind mit Fahrrädern oder Inlineskates unterwegs, viele aber auch nur zu Fuß. Außerdem werden an etlichen Flohmarktständen alle möglichen und unmöglichen Waren angeboten. Alles in allem ein buntes Treiben, von dem wir uns einfach mitreißen lassen. Beenden wollen wir den Tag mit einem tollen Sonnenuntergang beobachtet vom Berg Montserrate aus. Doch leider hat entgegen unserer Information die Seilbahn schon um 17 Uhr geschlossen, daher wird aus diesem Plan nichts und so haben wir dieses Erlebnis in Bogotá verpasst, geht es doch am nächsten Tag gen Norden in das beschauliche Kolonialörtchen Villa de Leyva.
Heute ist ein Feiertag und entsprechend sind wieder viele Straßen gesperrt, weshalb wir das bunte Treiben dieses Mal aus dem Bus heraus beobachten können. Tatsächlich wird uns jetzt erst bewusst, welche Ausmaße das Event annimmt. Wir fahren bestimmt 45 Minuten lang durch die Stadt und sehen durchgehend Gruppen von Fahrradfahrern, die die gesperrten Straßen entlangradeln, aber auch Rennradfahrer, die an allen anderen vorbeischießen. Die letztgenannten begleiten uns aber auch die gesamte Busfahrt durch die Berge, ist doch Kolumbiens Volkssport Nummer eins das Rennradfahren, wie wir schon bei der Stadtführung gelernt haben. In Bogota gibt es sogar eine große Zeitleiste, die die Errungenschaften der kolumbianischen Radhelden bis zum Gewinn der Tour de France 2019 aufzeigt. Weitere Kuriositäten, die wir auf unserer Busfahrt sehen sind ein Nachtisch-Mcdonalds, der nur Eis verkauft und einige Pringles-Stände am Straßenrand, die nur die Kartoffelchips verkaufen.
In Villa de Leyva angekommen, stellen wir fest, dass die Kolumbianer Feiertage nicht nur zum Radfahren in Bogota nutzen, sondern auch zum Reisen. Der Hauptplatz des eigentlich beschaulichen Örtchens ist voller Menschen. Da es Nachmittags anfängt zu regnen, schlendern wir nur durch den Ort und schmieden Pläne für din nächsten Tag. Zunächst stehen wir früh auf, um den Menschenmassen zu entgehen und nehmen nach dem Frühstück (Kaffee und gigantische Schweineohren) einen Bus zum nahegelegenen paläontologischen Museum. In der Gegend war zu Urzeiten ein Meer, weshalb Bauern immer wieder Skelette großer Meeressaurier finden, die in dem Museum ausgestellt sind. Viel Erklärungen gibt es zwar nicht, aber die Skelette sprechen für sich. Im Anschluss wandern wir zu einer Gruppe kleiner Seen, deren Wasser blau zu leuchten scheint und knipsen viele Fotos der tollen Landschaft. Unsere weitere Wanderung führt uns wieder zurück in den Ort, der auf einmal wie ausgestorben ist. Nahezu alle Kolumbianer sind abgereist und wir genießen die Ruhe dieses wirklich schönen Städchens bevor es am nächsten Tag nach Mongui geht.
