Trujillo und zurück in die Anden

Als wir in Trujillo ankommen, erleben wir das bisher hektischste Busterminal in Peru. Taxifahrer winken schon von weitem und versuchen das Ein- und Aussteigen der Passagiere zu beschleunigen. Weil es schon dunkel ist als wir ankommen, nehmen wir direkt ein Taxi zu unserem Hostel. Trujillo ist bekannt als gefährlichste Stadt Perus, da es viel Banden Kriminalität gibt. Aber wir fühlen uns in unserem zentralen Viertel sehr gut aufgehoben. Von unserem Gastgeber erfahren wir dann auch, dass sich die Kriminalität vorrangig auf bestimmte Viertel (in die wir sowieso nicht gehen würden) fokussiert.

An unserem ersten Tag in Trujillo müssen wir uns erstmal informieren, was die Stadt eigentlich zu bieten hat. Wir haben vorher nur grob recherchiert, dass Trujillo ein ganz netter Küstenort mit zwei bekannten Ruinenanlagen ist. Die Ruinen wollen wir natürlich anschauen, da es sich um Präinkakulturen handelt. Zuerst fahren wir also mit einem Colectivo zu den Tempeln Huacas del Sol und la Luna. Diese beiden aus Lehmziegel erbauten Tempel ragen schon von weitem sichtbar aus der Wüste empor. Ca. 20 Minuten dauert die Fahrt vom Stadtzentrum zum Tempelkomplex. Anschließend an unseren Besuch des super modernen Museums beginnt eine Tour, bei der wir den Tempel de la Luna von innen besichtigen. Nach der Tour stellen wir uns wieder an die staubige Wüstenstraße und sind nach nur 10 Minuten Warten wieder in einem Colectivo auf dem Rückweg in die Stadt.

Huaca del Sol, Trujillo

Nach dem Mittagessen machen wir uns in einem weiteren Colectivo auf den Weg zu der Ruine Chan Chan. Die Ruinenstätte ist riesig und war zu Zeiten des Chimú-Reiches auf 60.000 Menschen ausgelegt. Die Ruinen sehen aus wie riesige Sandburgen, die jemand mitten in die Wüste gebaut hat. Anschließend fahren wir mit einem Bus zum Strand Huanchaco und genießen den schönen Sonnenuntergang. Auf der Rückfahrt in die Stadt sitzen wir in einem randvollen Colectivo, aber es ist natürlich trotzdem Platz für noch mehr Fahrgäste. Abends lernen wir auf dem Rückweg vom Abendessen drei Peruaner kennen und gehen spontan zusammen in einen Club. Carlos ist Salsalehrer und gibt uns ein paar Tipps. Die Peruaner besorgen Pisco und Saft zum Mischen in einem kleinen Supermarkt und nachdem wir dem Club ein „Schmiergeld“ zahlen, dürfen wir unsere mitgebrachten Getränke konsumieren.

Nach der spontanen Party-Nacht lassen wir den nächsten Tag ruhig angehen und treffen uns mittags zum Ceviche-Essen mit unseren neuen Freunden. Den Nachmittag verbringen wir damit, durch die Stadt zu bummeln. Am Abend geht unser Nachtbus zurück in die Anden, nach Cajamarca. Hier kommen wir nach 8 Stunden Fahrt um 6 Uhr morgens an und können glücklicherweise direkt in unser Hotelzimmer. Als wir nach drei Stunden Tiefschlaf zum Frühstück losziehen, stellen wir fest, dass die halbe Stadt ein Markt ist. Direkt vor unserem Hotel werden lebende Hühner, Meerschweinchen und Hasen angeboten. Wir frühstücken auf dem zentralen Markt und werden dabei neugierig befragt, wer wir sind und wo wir herkommen. In Trujillo haben wir schon wenig andere Touristen getroffen, aber Cajamarca ist nochmal untouristischer und Ausländer sind hier nicht so häufig unterwegs.

Nachmittags buchen wir spontan eine Tour zu nahegelegenen Felsgrabmälern (Ventanillas de Otuzco). Die Tour beinhaltet außerdem noch einen kurzen Stopp an einer Hängebrücke (unspektakulär) und den Besuch eines Parks mit Hortensien. Am Ende der Tour besichtigen wir noch die Käserei Vacalandia, da im Andenhochland viel Käse produziert und gegessen wird. Wir probieren uns durch das ganze Sortiment und kaufen uns für abends noch ein Stück Käse.

An unserem zweiten Tag in Cajamarca widmen wir uns der historischen Vergangenheit der Stadt. Cajamarca hat einiges zu bieten, denn sie war der Schauplatz der Entführung des letzten Inkakönigs durch die Spanier. Wir besuchen zwei Museen und das „Cuarto de Rescate“ (der Raum, wo die Inka das Lösegeld für ihren König bereitstellten). Da wir die Geschichte zu der Entführung Atahualpas schon in Cusco gehört haben waren wir sehr gespannt, jetzt den Ort des Geschehens zu sehen. Aber da das ganze Gold und Silber von den Spaniern mitgenommen wurde, ist der Ort selbst letztendlich nicht so spannend.

Bevor wir am nächsten Tag nachmittags nach Chachapoyas aufbrechen, laufen wir hoch zu dem Aussichtspunkt Cerro Santa Apolonia und genießen den Ausblick über die Stadt. Nach einem späten Mittagessen in einer der vielen kleinen Gassen fahren wir zum Busterminal der Stadt. Um 17 Uhr geht dann schließlich unser Bus nach Chachapoyas – 12 Stunden auf der kurvigsten Straße, die wir beide bisher je gesehen haben, liegen vor uns.
Nach etwa drei Stunden Fahrt wird die ohnehin schon kurvige Straße einspurig und fädelt sich in immer engeren Haarnadelkurven Berge hinauf und hinunter. Der Fahrer verteilt bei Bedarf Spucktüten und einige unserer Mitfahrer müssen darauf zurückgreifen. Wir beide vertragen die Fahrt zum Glück gut. Durch unsere vielen hundert Buskilometer durch die Anden sind wir Kurven inzwischen ja gewöhnt, aber diese Strecke war nochmal heftiger als alle zuvor!

Stufen zum Cerro Santa Apolonia

Nach 265 km mit durchschnittlich 20 km/h kommen wir morgens um 5 Uhr endlich in Chachapoyas an. Chachapoyas wird auch als „das Tor zum Amazonas“ bezeichnet. Ann freut sich riesig, denn das bedeutet, dass wir dem Regenwald immer näher kommen. Wir schlafen nochmal eine Runde und gehen dann zum Frühstücken auf die Plaza de Armas. Anschließend erkunden wir das kleine Zentrum und den zentralen Markt des ruhigen Städtchens. In Chachapoyas gibt es nicht allzuviel zu sehen oder zu tun. Hauptsächlich sind wir hier, weil Chachapoyas der Ausgangspunkt zu Kuélap, dem „Machu Picchu des Nordens“, ist und auf unserer Route in den Dschungel liegt. Wenig später erfahren wir allerdings, dass Kuélap momentan geschlossen ist und nicht besichtigt werden kann, weil Mauern aufgrund von heftigen Regenfällen eingestürzt sind. Schade, aber die Natur kann man leider nicht beeinflussen. Als Entschädigung gibt es in Chachapoyas immerhin auch den dritthöchsten Wasserfall Perus. Mit einer Tour geht es also kurzerhand am nächsten Tag zum Wasserfall Gocta. Wie es sich für den Nebelwald gehört, natürlich mit einem Regenschauer beim Ankommen am Wasserfall. Aufgrund der gerade zuende gegangenen Regenzeit führt er ordentlich Wasser. Es ist beeindruckend, die Wassermassen, deren Tosen den Wasserfall schon weit aus der Ferne ankündigt, schließlich von ganz nahen zu sehen!

Wir entscheiden abends spontan, dass wir, nach so vielen Städten auf unserer Route, Lust haben nochmal Zeit in der Natur zu verbringen. Am nächsten Tag fahren wir also mit einem Colectivo nach Pedro Ruiz Gallo. Nach einer Stunde Fahrt kommen wir an und nehmen dann nochmal ein Mototaxi, um 40 min bergauf in das kleine Dorf Cuispes zu fahren. Hier kommen wir in der oberhalb des Dorfes gelegenen Eco Albergue Azul unter. Wir buchen die abseits gelegene, doppelstöckige Holzhütte mit fantastischen Blick über den Nebelwald und das Tal. Wir genießen die Aussicht aus einer großen offenen Luke im Schlafzimmer. Neben der Aussicht bringt die offene Unterkunft allerdings auch einige tierische Mitbewohner und so leistet uns beim Duschen eine große Spinne Gesellschaft. Seit Indonesien ist Ann zum Glück an die Spinnen-Freunde gewöhnt, sodass wir ruhigen Gewissens Unterkünfte aus Naturmaterialien buchen können.

Unser Aufenthalt in Cuispes wird zu einem echten Highlight. Mittags suchen wir im kleinen und gefühlt menschenleeren Ort nach einem Restaurant und werden von netten Einwohnern dann zu einem Haus geschickt, wo wir klopfen sollen. Das gastfreundliche Ehepaar hat eigentlich nicht mit Touristen gerechnet und das Restaurant geschlossen. Aber die Señora tischt uns spontan noch eine Suppe und Reis mit Spiegelei auf. Den wunderschönen Sonnenuntergang am Ende des Tages genießen wir natürlich von unserer Hütte aus. Tagsüber war es so schön warm, dass man gar nicht glaubt wie kalt es nachts wird! Nach einer Nacht mit wenig Schlaf klingelt unser Wecker schon früh und wir brechen um 7 Uhr auf. Denn in der Umgebung von Cuispes gibt es mehrere Wasserfälle. Und einer davon ist der weltweit 5. Höchste. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen und so fahren wir mit einem Mototaxi frühmorgens zum Startpunkt der Wanderung. Wir wandern bergauf und bergab über schmale Pfade durch grünen, dichten Bergregenwald und kommen dabei an zwei ziemlich schönen Wasserfällen und einem Aussichtspunkt über die umliegenden Berghänge vorbei. Der Weg führt uns hinter einem der Wasserfälle entlang und wir werden ein bisschen nass, aber es ist tropisch schwül und deshalb sogar angenehm. Wir sind die gesamte Zeit komplett alleine, ohne anderen Menschen zu begegnen. Nach zwei Stunden kommen wir am Ziel unserer Wanderung an: der Wasserfall Yumbilla erstreckt sich über 3 Stufen und ist insgesamt beeindruckende 870 Meter hoch. Wir sind froh, dass wir mehr oder weniger durch Zufall an diesem wunderschönen Ort gelandet sind. Als wir nach weiteren 2 Stunden Rückweg am Ausgangspunkt ankommen, fragen uns zwei Einwohner gespannt wie wir den Wasserfall fanden. Wir erzählen gerne, wie schön wir Yumbilla und die Gegend finden und loben den guten Zustand der Pfade. Das macht die zwei Männer offensichtlich stolz, denn die ganze Instandhaltung der Wege und Betreuung des kleinen Tourismus Büros ist ein Community Projekt des Dorfes. Nach einem weiteren Sonnenuntergang und einer Nacht in unseren warmen Schlafsäcken verlassen wir am nächsten Morgen diesen wunderschönen Ort in Richtung Amazonasbecken.

Wasserfall Yumbilla, Cuispes
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