Durch die Kordilleren

Der Titel mag den eingefleischten Karl May Fans ein Begriff sein. Und war der Autor auch nie selbst auf den amerikanischen Kontinenten, so ist doch nicht alles erfunden gewesen. Die Bergketten der Kordilleren gibt es tatsächlich in den nördlichen Anden Perus. Sie heißen trefflich benannt weiße, schwarze und blaue Kordilleren (vielleicht gibt es auch noch mehr). In den weißen Kordilleren haben wir die letzte Woche im ziemlich ursprünglich peruanischen Huaraz verbracht. Eine Stadt, in die sich nur peruanische Touristen und ausländische Wander- und Kletterfreunde verirren, liegt sie doch außerhalb des Gringotrails Südperus. Entsprechend sehen wir auch wenige Weiße. Dazu kommt, dass unser Besuch auf die Osterwoche fällt, in der ganz Südamerika auf Achse ist. Also verbringen wir die Tage mit Gruppentouren in Bussen voller Peruaner – ein Dejavu unserer Tour in Arequipa. Touren heißt hier das Besichtigen von Bergseen, die alle in unterschiedlichen Farben aber immer mit dramatischen Bergkulissen daherkommen. Wir organisieren zwar sonst alles lieber selbst, als uns Gruppentouren anzuschließen, jedoch ist dies hier zum Teil deutlich teurer. Außerdem müssen die letzten Kilometer dann oft auf Höhen zwischen 3500 und 5000m per pedes zurückgelegt werden, was mit Anns Nachwirkungen der hartnäckigen Grippe in Kombination mit der dünnen Luft immer noch nicht geht.

So verbringen wir den ersten Tag in Huaraz nach der frühmorgendlichen Ankunft per Nachtbus aus Lima (nach sehr kurzer Stippvisite dort zwecks Umstiegs) mit Umherschlendern und dem Erfragen von Tourpreisen. Wir buchen für den nächsten Tag eine Tour zur Laguna de Llanganuco. Diese läuft ab wie befürchtet: Wir fahren mit 45min Verspätung los, halten zwischendurch für einige bei Peruanern offensichtlich beliebten Shoppingtouren an (Eiscreme, Erdbeerbier, Töpferwaren) und haben am eigentlichen Ziel der Tour dann nur noch eine Stunde zur Verfügung. Die ganze Zeit über hat der Guide außerdem Mühe, die Gruppe halbwegs beisammenzuhalten. Am Ende kommen wir natürlich 2h später als geplant, um 20:30 Uhr, wieder hungrig in Huaraz an. Alles in allem ist diese Tour nicht empfehlenswert, da die Lagune auch nicht so schön ist wie andere. Am Ende war der Stop in Yungay am interessantesten, wenn er auch bedrückend war: Die Stadt wurde 1970 innerhalb weniger Sekunden von einer Schlammlawine dem Erdboden gleich gemacht und ist heute ein gigantischer Friedhof mit über 20.000 Todesopfern der damaligen Katastrophe.

Laguna Llanganuco

Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung, die wir uns mit einem Taxi selbst organisieren können. Der Fahrer bringt uns hoch zur Laguna Wilcacocha, malerisch auf einem Hochplateau gelegen. In den Alpen würde man Alpe dazu sagen, neben einigen verstreuten Hütten sitzen Tierhirten mit Eseln, Schafen und vereinzelten Kühen. Die Menschen hier sprechen ein Gemisch aus Quechua (die Sprache der indigenen Bevölkerung) und Spanisch mit uns, aber mit Händen und Füßen kann man sich trotzdem verständigen. Die Laguna liegt in den schwarzen Kordilleren, weshalb wir einen fantastischen Blick über das Tal von Huaraz (Callejón de Huaylas) hinweg auf die ganzjährig schneebedeckten Gipfel der weißen Kordilleren genießen. Der folgende Abstieg um ca. 800 Höhenmeter geht gut, was uns Hoffnung schöpfen lässt.

Ausblick auf die weißen Kordilleren

Dennoch bricht Max am nächsten Tag alleine mit einer Tour zum wohl berühmtesten Bergsee der Region, der Laguna 69, auf. Trotz zeitweisen Regens lässt sich der zweistündige Aufstieg auf 4600m gut bewältigen. Für einige ungestörte Momente überholt Max viele Peruaner, oben angekommen belohnt der ungestörte Blick auf das türkisblaue Wasser für diese zusätzliche Mühe. Nach einer Stunde und vielen Fotos ist Zeit fürs Mittagessen, jetzt trudeln auch langsam die übrigen Menschen ein. Dennoch bleibt es erstaunlich ungestört, da die meisten Leute an einer Stelle am Ufer versuchen die berühmten Fotos auf Instagram nachzustellen und sich nicht bemühen auch nur 10m am Ufer entlangzugehen. Social Media hat auch seine guten Seiten… Nach insgesamt 2,5 h oben geht’s wieder runter. Am Anfang ist das noch etwas schwierig, da sich die letzten Wanderer die schmalen Wege hochkämpfen. Bleiben immerhin noch Momente für Fotostopps, für die beim Aufstieg keine Zeit war. Pünktlich um 4, wie vereinbart, am Bus muss Max dann doch noch warten, da der Rest der Gruppe erst viel später eintrudelt. Erst um 18 Uhr geht es dann los (na klar). Nach Ankunft in Huaraz um Viertel nach 9 gibt’s dann noch ein spätes Abendessen beim Chifa um die Ecke. Chifa, so heißen hier die chinesischen Restaurants, die überall zu finden sind.

Am vierten Tag machen wir uns per Colectivo auf den Weg zur Ausgrabungsstätte von Willkawain. Ganz nett, aber nicht sehr spektakulär. Spontan beschließen wir uns auf den Weg zu einem nahen Bergsee zu machen. Es klappt trotz der dünnen Luft und „Resthusten“ besser als erwartet, aber für den gesamten Aufstieg reicht es noch nicht ganz. Die Wanderung war trotzdem schön. Zu zweit macht’s doch mehr Spaß als alleine. Abends schließen wir uns der ausgelassenen Stimmung vor Ostersonntag an und gönnen uns ein Bier. Alt werden wir trotzdem nicht, geht es doch am nächsten Tag zur nächsten Lagune. Dieses Mal wieder mit einer Tour. Wir fahren pünktlich los (zum ersten Mal überhaupt laut Guide Lucí) und machen keine Stopps. So kommen wir tatsächlich ziemlich früh schon an der Laguna Parón an. Für Max ist diese sogar noch schöner als die bekanntere Laguna 69. Nur das Gefühl, sich die Aussicht „erwandert“ zu haben, fehlt. Die Laguna ist wesentlich länger gezogen und öffnet so ein Tal, das umsäumt ist von Gletschern und anderen weißen Bergen. Ein toller Kontrast zum türkisblauen Wasser. Der bekannteste Berg ist jedoch nicht der Huascarán (der höchste Berg Perus), sondern der Artesonraju. Falls der Name nicht bekannt ist, einfach Mal „Paramount Pictures Berg“ googeln.

Laguna Parón und Artesonraju

Am nächsten Tag entscheiden wir uns für die Fahrt nach Trujillo nicht für den direkten Nachtbus, sondern den „abenteuerlichen“ Weg, mit Zwischenstopp an der Küste in Chimbote. Die tolle Aussicht belohnt für den unbequemeren Bus und den furchtbaren Gestank am Busbahnhof in Chimbote (hier gibt es etliche Fischfabriken). Langsam wandeln sich die saftig grünen Hänge der schwarzen Kordilleren zu immer brauneren und kargeren Bergen, bis irgendwann Kakteen die einzige Vegetation darstellen und abschließend die Berge hinter uns bleiben und das Meer vor uns auftaucht. Wir sind wieder in der Küstenwüste. Die ganze Fahrt wird untermalt von peruanischer Musik (z.B. bei Youtube) in ohrenbetäubender Lautstärke, nur unterbrochen von Modern Talking(!), die hier tatsächlich bekannt sind. In Chimbote angekommen, wird uns direkt geholfen, den Ticketschalter für die Weiterfahrt nach Trujillo zu finden, wo wir später nach insgesamt 10 Stunden ankommen.

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